Goodbye, Berghain!


Das „Berghain“ ist seit vergangenem Monat offiziell nicht mehr der beste Club der Welt*. Airen, Deutschlands bekanntester Techno-Blogger, hat bereits die Koffer gepackt und zieht mit Frau und Kind nach Mexiko. Aber vorher verabschiedet sich der Mann, bei dem Helene Hegemann so fleißig abgekupfert hat, exklusiv für uns von seinem einstigen Lieblingsclub.

Saubreit und fett stand die Fläche im Raum. Dann knallte die Halbe immer so pick-pick mäßig dazwischen. „I can’t say, I am insane“, sang der Typ, sang und drehte dabei irgendwie verschmitzt an einer Kurbel in der Luft. Der Typ sowieso: schlich schelmisch wissend um den Beat, tanzte auch um mich rum, sah aus der Tiefe des Sounds absolut begeistert zu mir hoch. Kurbelte. „Insane“ bellte es durch die „Panorama Bar“, und taktlos schob die Fläche jetzt alles noch weiter nach vorn. „Insane, insane“, drehten wir beide am Rad, drehte eigentlich die gesamte „Panorama Bar“ da gerade voll auf, ein unaushaltbares Kreischen über allen. „In …“ BassBassBassBass. Da waren wieder alle. Der DJ erhob predigend die Hände über seine Crowd, die Rollos wurden gemäß des Meisters Wunsch aufgezogen und Tageslicht flutete die Gehirne der Nacht. “ … sane, sane“ waren alle wieder durch die Rückkehr des Basses geheilt.

Das „Berghain“. Unvergängliche Tanzflächenmomente sind hier entstanden. Die unglaublichsten Zusammenstöße von Körper, Geist und den Kräften der Nacht. Immer dabei: die imposante Location, ein wilder Mix feierwütiger Tänzer, Musik aus einer besseren Welt und natürlich Drogen, sowieso. Eine Zeitlang fühlte sich das an wie das Zentrum des Rave-Universums. So wie Angekommensein im Paradies. Aber alles fließt, rinnt, strömt und rauscht, die Jahre fliehn, die Platte springt und ein neuer Track spielt an. Er klingt seltsam kühl.

Als das „Berghain“ 2003 aufmachte, war das der Beginn einer Techno-Renaissance in Berlin. Ein Club, der den Besucher schon durch seine schiere Größe gefangen nahm, eine riesige Techno-Kathedrale auf drei Stockwerken, 18 Meter hohe Decken über einer ekstatisch-verschwitzen Crowd. Es war der größte Technoclub, den Berlin je gesehen hatte.

Und schon von Anfang an kannte man die Gesichter, sah die krassen Feierer aus dem „Tresor“, die schicken Friseusen aus dem „Polar.tv“, kannte die Intellektuellen vom „Icon“, die Fertigen vom „Sternradio“ und die technophilen Erasmusstudenten aus der „Maria“. Ganz Berlin schien auf einmal Wochenende für Wochenende sein Wohnzimmer ins „Berghain“ zu verlegen. Endlich hatte man das Gefühl, wieder einen angemessenen Platz für die Ausschweifungen der Nacht gefunden zu haben, eine hermetische Sphäre des Exzesses, einen Ort der Zelebration, den besten aller Zeiten. Man ging wieder in den Club mit der absoluten Überzeugung, heute die Party seines Lebens zu erleben. Eigentlich ging man auch gar nicht mehr woanders hin. Das „Berghain“ war die härteste Droge der Stadt.

Und unter all die, die man schon kannte, mischte sich der harte Kern einer feiergeilen schwulen Leder-und-Glatzen-Fraktion. Schwule waren in Berlin schon immer ein fester Bestandteil der Partyszene. Aber bereits beim „Berghain“-Vorgänger „Ostgut“, nur ein paar hundert Meter weiter, lief es andersum: nicht die Schwulen wurden in die Techno-Unterwelt integriert, sondern der gemeine Partygänger in einen explizit schwulen Kosmos.

Überall küssten sich bärtige Männer, tanzten sich an, rieben die nackten, verschwitzten Oberkörper aneinander, amphetaminschlank und brustwarzengepierct. Aus schmutzigen Toilettentüren drang tiefes, orgasmisches Stöhnen. Gestylte Mädchen standen unbeeindruckt neben blasenden Männern und bestellten ihren Drink. Überall und immer wieder mal roch es nach Sperma. Keine Ahnung, wie viele Menschen dann auch im „Berghain“ ihre erste homosexuelle Erfahrung hatten. Ab einer gewissen Uhrzeit war ja alles egal.

Und niemand störte sich daran. Morgens saß man im ersten, bunten Licht der Fenster nebeneinander, auf versifften Sofas, rauchte zusammen einen Joint, redete und es war das normalste Gespräch der Welt. Alle waren einfach nur froh, in dieser zeitlosen Techno-Blase zu leben. Ein Ort, an dem niemand bestimmte, außer die Musik und die allerletzten Grenzen des Körpers.

Es dauerte keine zwei Jahre, und im Ausland ging das Gerücht um von einem geheimnisumwitterten Club im Osten Berlins, riesengroß, rauer Beton, in dem die Partys bis Sonntagabend dauern, aus dem man als anderer Mensch wieder herauskommt, ein Ort an dem alles erlaubt ist außer Kameras. Die Schlangen wurden länger. Die Partys gingen länger. Das „Berghain“ wuchs noch immer, von Party zu Party, an Klarheit, an Intensität, an Verrücktheit und Verpeilung und in der Freiheit des Sounds am Sonntagmorgen, wenn alles sich wieder auflöste in der Sonne hinter den metallenen Jalousien.

Was den „Berghain“-Spirit damals ausmachte, war genau diese Mixtur aus Homo und Hetero, Ausland und Berlin, Mitte und Vorstadt, alle gleich unter dem Diktat des Sounds. Das Miteinander dieser im Grunde total unterschiedlichen Backgrounds, deren kleinster gemeinsamer Nenner die absolute Bereitschaft zur Entgrenzung war. Das war die Zeit, als „Strobo“entstand, als ich immer wieder versuchte, den Wahnsinn dieses Clubs in Worte zu fassen. Ich kannte damals keinen magischeren Ort auf Erden.

Niemand, der damals durch die funkelnden, Freiheit atmenden Gänge des „Berghains“ lief, hatte bis dato einen schrägeren, kaputteren, unglaublicheren Ort erlebt. Das „Berghain“ sprengte jedes Mal wieder die Grenzen des Vorstellbaren. Immer wieder überschritt man eigene Grenzen, tat Sachen, die man erstmal überhaupt nicht einordnen konnte; und wenn man irgendwann rauskam in die alte Welt, brauchte man Tage, um zu verarbeiten, was man in diesen zwölf Stunden alles getan, gesehen und gehört hatte. Was für eine unglaubliche Bereicherung des eigenen Erlebnisspektrums das wieder gewesen war. Jeder Besuch war eine neue Herausforderung an die persönliche Toleranz.

Mit dem „Berghain“ stand ein Denkmal in Berlin, ein Weltwunder des Techno. Ein Glanz, der auf die ganze Stadt abfärbte. Auch vor den anderen Clubs wurden die Schlangen länger; und beim Warten und später drinnen zwischen den Beats schnappte man die verschiedensten Sprachen auf. Aufgeregt war die Stimmung damals. So ein kollektives Erleben der Initiation, des totalen Geflashtseins durch den Sound, der absolut arschgekickten Hingabe zur Musik. Elektrisch. Enthusiastisch. International.

Es war diese Mischung aus euphorisierenden Drogen, guter Musik und dem Gefühl, vollkommen okay unter netten Leuten aufgehoben zu sein; und da, im Morgenlicht, getragen auf den Federn der Musik und all der Substanzen der Nacht, natürlich auch ein Auskosten der Einmaligkeit des Moments. Denn schon damals wussten wir: Es wird nicht ewig so weiter gehen. Irgendwann ist der Höhepunkt erreicht.

Als ich nach zwei Jahren aus Mexiko zurückkam, sah ich das „Berghain“ so, wie man das Gesicht eines guten Freundes nach langer Abwesenheit sieht: mit all seinen Falten, in der brutalen Veränderung der Zeit. Es war wie der Besuch bei einem alten Bekannten, von dem man hofft, dass das Leben ihn nicht zu weit weggetragen hat von dort, wo man sich einmal kannte.

Doch die ersten Partys waren enttäuschend. Immer wieder ging ich ins „Berghain“, das, was ich an Berlin am meisten vermisst hatte. Jedes Mal erwartete ich, wieder von so einem Ungetüm von Techno-Monster verschlungen zu werden, eben mal wieder die beste Party meines Lebens zu feiern.

Aber irgendetwas funktionierte nicht. Das gleiche bunte Licht der frühen Partys kreiste da über die Köpfe, dann setzte der Bass aus, die Jalousien in der „Panorama Bar“ gingen auf, der Bass setzte wieder ein, alle schrien. Es war jetzt zu einem Ritual geworden, und jeder wollte das erleben, was er schon tausendmal erlebt oder wovon er schon so oft gehört oder gelesen hatte. Man ging nun in das sagenumwobene „Berghain“. Und jeder wollte nochmal anfassen. Der Spirit war weg. Zum ersten Mal kam es vor, dass ich mich im „Berghain“ langweilte.

Zuerst schob ich alles noch auf die jeweilige Nacht, auf den DJ, die Feiertage, das Wetter. Die MDMA-Krise, der easy-jet-set und der ein oder andere Bericht in der „Bild-Zeitung“ hatten dem „Berghain“ zugesetzt. Manchmal dachte ich auch, es liege an mir. Vielleicht war ich ja in diesen zwei Jahren wirklich ein anderer Mensch geworden, vielleicht waren die Partys die selben und nur ich ein anderer. Dann fing ich an, auf andere Partys in neuen Clubs zu gehen, und als ich dort wieder richtige Technohöhepunkte erlebte, zauberhafte Verschmelzungen von Sound und Seele, wusste ich: Es ist das „Berghain“, dem seine Magie abhanden gekommen ist.

Das Geheimnis des „Berghains“ war immer die exotische Bandbreite seiner Besucher. Dass dort Menschen in Konstellationen aufeinander trafen, die die normale Welt nicht zulassen würde. Und noch immer gehen die unterschiedlichsten Menschen in diesen Club. Aber sie treffen nicht mehr aufeinander.

Berliner Stammgäste, Schwule und Touristen: Sie alle feiern hier jetzt ihre eigene Party. Groß genug dafür ist das „Berghain“ ja. Die weiße Stierhorde der nackten Schwulen tanzt links vor der Tanzfläche, am Eingang zum Darkroom. Dort fasst jeder jeden an und irgendwann geht man in eine dunklere Ecke. Weiter rechts wippen die Stammgäste, kennen den DJ und die Platte, die gerade läuft. Oben in der „Panorama Bar“ feiern die Neulinge, die Jungen und die Ausländer, saugen Sound, Bild und Geruch in sich auf um später zu Hause von ihrer eigenen „Berghain“-Erfahrung erzählen zu können. Irgendwo dazwischen agiert das Bar- und Türpersonal, neben Location und Sound so etwas wie dritte Macht eines Clubs. Und was früher mal auf eine charmante Weise verpeilt war, ist heute nur noch arrogant. Man lässt den Gast spüren, wer hier wem einen Gefallen tut und oft genug kommt man sich wie ein erbärmlicher Bittsteller vor, wenn man um Einlass oder einen Whisky-Cola bittet.

Auch zeitlich: Spaltung. Als Stammgast kommt man erst, wenn die Sonne wieder aufgegangen ist. Bis dahin überlässt man den Touristen und Kindern das Feld. Nirgendwo starten die Partys mittlerweile später als in Berlin. Und wenn man dann tagsüber ins „Berghain“ geht, die Leute von früher trifft, dann weht schon so ein Hauch vom alten Berlin-Techno-Feeling mit, vielleicht sogar ein Schuss 90er, aber es fehlt die Faszination, der Kitzel des Neuen; und tanzen mag dann auch keiner mehr so richtig. Man ist dann cool und mal wieder drauf und wegen dem und dem DJ da, versteht das eh schon zu gut, ein müdes Lächeln zwischen den Beats, man kennt den Effekt und lässt noch einmal irgendwo zwischen Bewegung, Sound und der übernächsten Line die altbekannte Wirkung zu.

Kommt man schon nachts, als normaler Clubgänger, hat man ein enormes Drogenproblem. Denn es gibt keine. Während man 2005 auf irgendeiner der Toiletten nur einmal laut „Pep“ sagen musste, schon wurden einem von allen Seiten weiße Beutel ins Gesicht gehalten, steht man heute schon mal stundenlang mit einem Zwanni wedelnd auf der Toilette und wird trotzdem nur von irgendwelchen Schotten auf LSD angelabert. Frustriert versuchen es dann alle mit Jägermeister und WodkaBull.

Richtig: Techno ist eine chemische Musik, und Amphetamine sind elektronische Drogen, ein Kodex, der diese Bewegung seit gut 20 Jahren zusammen hält. Zu einer Technoparty gehören auch Ecstasy, Speed, Koks und die neuesten Designerdrogen.

Und so ist es nicht mehr das Gefühl der Erfüllung, sondern das der Suche, das über allem schwebt. Suche nach Glück, Suche nach Drogen, Suche nach der ultimativen Party. Aber man findet sie immer seltener. Nur noch der legendäre Ruf steht über allem. Und verhindert damit die eigene Erfüllung. Denn spätestens, seit das „Berghain“ „in“ ist, seit jede ernstzunehmende Zeitung in Deutschland einen euphorischen Artikel gebracht hat, ist es mit der Anarchie des Anfangs vorbei. Was bleibt, ist nicht mehr als eine schale Inszenierung seiner selbst.

Schließlich durchläuft jeder Club diesen Zyklus. Er glimmt, glüht und brennt, und nach einer bestimmten Phase kühlt sich alles wieder ab. Kühler ist es jetzt im „Berghain“, ja, aber voller denn je. Den Titel des „Besten Clubs der Welt“ hat man dem „Berghain“ dieses Jahr wieder aberkannt.

Die Touristen sind natürlich noch immer geflasht. Mittlerweile hat man ja auch schon ein paar hundert Leute kennen gelernt, die gerade zum ersten Mal im „Berghain“ sind. Kein Text, keine siebenstündigen Bootlegs, keine heimlich genommenen Fotos können einen vorbereiten auf dieses überwältigende Gefühl, das einen beim Betreten dieses nächtlichen Doms überkommt, diese erregte, nervöse Vorfreude und die plötzliche Überzeugung, dass hier alles möglich ist. Natürlich haut das alle erst mal um. Es ist schwer, solchen Leuten zu erklären, was dieser Club früher einmal bedeutete. Dass hier mal sowas wie Gesetzlosigkeit herrschte, dass man hier nicht angeschaut wurde, weil keiner mehr sehen konnte, und sich doch alle wahrnahmen, mit riesigen, schwarzen Augen.

Zwangsläufig kommt irgendwann der Punkt, an dem man sich das alles ansieht – vielleicht schon am Vormittag einer brutal durchfeierten Nacht – und sich im aufgehenden Licht fragt, was man an diesem dreckigen Ort eigentlich noch verloren hat. Was das alles soll, ob das nicht auch irgendwie total dumm ist, ob das ganze Geschwätz um einen herum nicht sowieso in ein paar Tagen wieder vergessen ist. Dann verlässt man das „Berghain“ wieder in eine gleißende, gewalttätig-nüchterne Außenwelt, und schwört sich, nie wieder zu kommen. Aber das „Berghain“ weiß es besser. Alle kommen zurück.

Denn hier ist noch immer sowas wie der Fluchtpunkt einer nach oben offenen Nacht. Wenn man in Berlin hart feiert, kommt man im Laufe der Nacht nicht an diesem Laden vorbei. Das „Berghain“ ist noch immer ein toller, umwerfender Club. Nicht mehr der „Beste der Welt“ und meiner Meinung nach auch nicht der beste Berlins. Trotzdem geht von ihm eine Anziehungskraft aus, die einen früher oder später doch wieder in der gefürchteten Schlange stehen lässt.

Vor zwei Wochen. Ich laufe über diesen altbekannten Kiesweg zwischen den Lagerhäusern. Oder ich schwanke; aber ich bin zu allem bereit. Die sandfarbene Front des „Berghains“ erscheint, erzeugt sofort ein sentimentales Déjà-vu, in den oberen Stockwerken blinkt rotes und grünes Licht.

Die Schlange, die Ausländer, das Verstummen der Gespräche auf den letzten Metern. Der berüchtigte Eisenmann, den alle längst „Sven“ nennen, obwohl man mit ihm nie mehr als ein Nicken ausgetauscht hat. Man wird abgetastet, zahlt seinen Eintritt, hält das Handgelenk zum Stempeln hin, tritt in die Garderobenhalle. Ein Schalter legt sich um, unbewusst, und der Puls schlägt automatisch schneller.

Die Treppen hoch zum Dancefloor. Jeder muss hier lang: hoch, umdrehen, nochmal hoch. Und mit jedem Schritt eröffnet sich das vertraute Panorama, der blitzende Horizont aus Nebel, Raum und Sound. Dem tiefen, etwas runtergepitchten „Berghain“-Sound, dem überhaupt nichts Gutes verheißenden Nightmare-Bass. Man stellt sich rein in die Bewegung, den Rauch und die Musik – zuckt und spürt den Move von damals ganz selbstverständlich wieder erwachen.

Und erkennt dann erst beim zweiten Hinsehen, dass fast alle stehen, und sieht die Blicke aufeinander und untereinander, und dass die Musik nicht greift.

Es sind Momente, die einem für einen Augenblick den Stecker ziehen, wo man denkt: „Lass uns mal hoch schauen oder Drogen nehmen oder noch woanders hingehen.“. Wo man richtig körperlich spürt, dass gerade noch eine ganz wesentliche Komponente zum Erreichen der Partyglückseligkeit fehlt.

Auf den Toiletten dann:

„Hast du Teile?“

„Got some Speed?“

„Hast du was zum Ziehen?“

„Nee, such grad selber. Aber wenn du was weißt, sag mir Bescheid.“

„Okay. Ich bin hier.“

Ich sitze auf einem Sofa, sehe das Gedränge, hoffe. Ich gehe auf den Dancefloor, versuche ein paar Moves, kapituliere. Ich laufe durch die Gänge, suche den Exzess, warte. Spiele mit dem Gedanken, heute schon mal früher zu gehen. „Die Teile fügen sich einfach nicht mehr zusammen“, denke ich, und fühle mich, an einen Pfeiler gelehnt, auf einmal einsam und verlassen.

Tatsächlich, irgendwann geschieht es dann doch, kurz nach Sonnenaufgang. Tanzfläche. Morgen- und Nachtlichter. Ein Drücken im Bauch und gar keine Worte mehr. Man sieht, hört und spürt den Sound. Spitze Lichtpartikel auf Hunderten verschwitzten Gesichtern. Alle tanzen den innersten Tanz. Die Hände sind oben, das „Berghain“ feiert.

Noch immer passieren diese magischen Momente. Aber sie sind selten geworden. Und schnell wieder vorbei. Als es hell wird, sind die Leute wie ausgetauscht. Die tätowierten Käppi-Träger, die tätowierten Leibchen-Queens und die schwulen, tätowierten Bleichgesichter beginnen ihre Schicht. Lassen es erstmal ruhig angehen und die fahren die Atmosphäre runter. Man kann jetzt nochmal ein paar Stunden warten. Oder einfach nach Hause gehen.

Als ich rausstolpere, denke ich nicht: „Was für eine Nacht!“, sondern längst: „Nie wieder!“. Die Party ist vorbei, das Versprechen hat sich nicht erfüllt. Ein neuer Track spielt an, wummert mir gedämpft über den Kiesweg hinterher.

Ein bisschen Nacht ist noch übrig. Vielleicht noch woanders hin …

* Zur Freude aller Berliner – jetzt zieht die Easy-Jet-Set-Karawane hoffentlich weiter: Nach Manchester ins „Sankeys“.

Airen

Blogger, Unternehmensberater, feiernder und gefeierter Autor. Airen, 1981 geboren, hat seine rauschhaften Nächte und Tage in dem Buch „Strobo“ protokolliert. Seine „Technoprosa“ wurde durch die Hegemann-Affäre erst richtig bekannt. Mit „I Am Airen Man“ hat er sein zweites Buch veröffentlicht.