Grateful Dead


„Du warst bei Grateful Dead? Machen die nicht Hardrock?!“ Leute unter Zwanzig können mit der Gruppe nicht viel anlangen. Entweder man kennt sie nicht (s.o.), oder sie wird der Drogen und Freak-Szene zugeordnet und ist somit uninteressant, weil total oul. Ändert sich ja vielleicht noch. Für die aus ganz Norddeutschland angereisten Freaks und vereinzelten Dead-Heads war’s dann auch ihr Westcoast-Mythos, der da vor ihnen aui der Bühne ablief.

Die Stadthalle IV ist‘ ne Schweinehalle. Keine Sitze, gar nichts. Ein großes Gefrierfach mit nacktem Betonboden. Das heißt vier Stunden stehen. Grateful-Dead-Auftritte sind lang. „Shakedown Street“, erdig und funky, füllt die Halle mit Wärme. Die sechs Dead haben Bock und demonstrieren, wie traumhaft locker Live-Auftritte sein können. Bob Weir gefallt mir ungeheuer. Mit seinen kurzen Haaren, in Polohemd, Jeans und Turnschuhen, springt er wie ein kleiner Junge auf der Bühne umher, lacht und hat diebischen Spaß beim Spielen. Dennoch ist er es, der die Gruppe im Griff hat. Er zeigt Tempo- Rhythmuswechsel und Breaks an, holt die Gruppe aus der Improvisation zurück. Gleichzeitig singt er und spielt so nuancenreich Gitarre, daß der Begriff Rhythmusgitarrist eine totale Unterbewertung wäre. Die Dynamik in Person.

„Althea“ und „Franklin’s Tower“ gehören nicht zum Set, „Looks Like Rain“ leider auch nicht, dafür einige Stücke, die ich noch nicht kannte, und ’ne Menge Songs von DEAD SET. Wenig anfangen kann ich mit zwanzig Minuten freier Kollektiv-Improvisation, etwas mehr schon mit dem Schlagzeug/Percussion-Solo von Hart und Kreutzmann. Beim Begleiten zeigen die Rhythm Devils ihr wahres Können. Jerry Garcia geht mir dann etwas auf den Keks, wenn er zu schnell, flüchtig und unsauber über die Saiter, huscht. Wunderbar rhythmisch und gelöst dagegen seine Improvisationen in „Sugaree“, ein Höhepunkt des Abends. Und „Deal“ vor der Pause, das swingt, Mann, Shuffle-Power, ich hüpfe auf beiden Füßen gleichzeitig. Und die Bockwurst in der Pause. Und „Casey Jones“, die einzige Zugabe. Die Post geht ab wie vorher überhaupt noch nicht.

Schluß. Aufbruch. J. J. Cale bei der Rückfahrt nach Hamburg. After midnight, we gonna let it all hang out. Es ist kalt und regnet in Strömen. Es hat sich gelohnt.