Hall & Oates
„Seasons change, people change“ singt Daryl Hall in einem neuen Song, derweil John Oates dazu eifrig Beistimmung blökt. CHANGE OF SEASON, die erste neue LP, seit sich das Duo vor zwei Jahren nach längerer Scheidung wieder vereinte, zeigt wohl tatsächlich gewisse Veränderungen auf – die Songs sind einfacher arrangiert, haben gospelige Untertöne und klingen spontaner als früher. Doch live hat sich wenig verändert – nur Halls Stimme klingt jetzt rauher. Mit den Gigs im ausverkauften Town & Country Club bereitete sich das Duo auf den Anheizer-Job bei den Gigs von Fleetwood Mac in der Wembley Arena vor – und deshalb paßte das Format der Show nicht so richtig in die relative Intimität dieses Clubs. Aber anstatt die Dynamik den Umständen anzupassen, spielten Hall & Oates ihr Programm einfach eine Nummer leiser.
Wie sich’s nach einer Bühnen-Abstinenz von sechs Jahren gehört, schreit Daryl Hall nach dem ersten Song „It’s good to be back“ ins Publikum, und die stürmische Reaktion läßt nicht auf sich warten. Hall ist nach wie vor eine starke Bühnenpersönlichkeit. Allerdings läßt heutzutage John Oates fast ebenso oft aufhorchen, wenn er mit leidender Stimme den Chorgesang liefert oder ein paar subtile Gitarrenkommentare beisteuert. Die restliche Combo – Baß, Drums, zwei Keyboards – ist ganz auf Stadion getrimmt und leistet sich trotz der komplexen Arrangements kaum einen Fehler. Aber selbst der begnadete Leadgitarrist Jimmy Ripp wirkt in diesem Kontext extrem seelenlos.
Unter den neuen Nummern gefällt „Starting All Over Again“ am besten.
das mit der Einfachheit einer Country & Western-Melodie daherkommt. Ansonsten bietet die erste Konzerthälfte noch mehrere Stücke aus dem Album VOICES sowie leicht hysterische Fassungen von „Everytime You Go Away“, das nicht an Paul Youngs Version heranreicht, und vom Elvis-Knüller „Can’t Help Falling In Love“. „So Close“, die neue Single, entpuppt sich als Ackergaul-Rock. Danach kommen die Hits: „Sarah Smile“, „She’s Gone“, „Rich Girl“ – allesamt Songs, die gar nicht ruiniert werden können und mit denen sich Hall & Oates offensichtlich auch nach wie vor noch sehr wohl fühlen. Da klatscht das Publikum begeistert mit und fängt sogar zu schunkeln an. Und bestimmt alle, die da enthusiastisch klatschen, sind älter als 32. Sie passen zur Musik von Hall & Oates, an der neue Entwicklungen spurlos vorbeigegangen sind. Die Songs muten zwar noch immer clever, aber auch schon ein wenig nostalgisch an. Denn im Vergleich mit vielen grenzüberschreitenden neuen Dancefloor-Projekten wirken Hall & Oates beinahe richtig großväterlich.