hall of fame


"Ihr seid großartig" plärrt der Star zum Fan. Das sagt er während der Tournee in jeder Stadt. Doch welchen Hallen, welchen Clubs gehört die reine, echte Liebe der deutschen Pop- und Rock-Größen? Im ME/Sounds-Bühnentest packen sie aus und verraten ihre persönliche Hall Of Fame, ihren Club der roten Lichter.

¿ DORO PESCH

Ich stehe total auf die Docks in Hamburg, allein der Akustik und des Feelings wegen. Dort ist alles aus Holz, das bringt Wärme und macht einen fetten Sound. So fett, daß die Musiker selbst wie auch die Fans die Bässe im Bauch spüren. Die Dortmunder Westfalenhalle ist ein toller Rundbau, der sofort einen innigen Kontakt zum Publikum ermöglicht. Das gibt bei den Konzerten automatisch eine Super-Atmosphäre.

Bei der Zeche in Bochum oder auch in dem Kölner E-Werk fühle ich mich immer gleich wie zuhause — eine phantastische Atmosphäre, eine hervorragende Akustik und natürlich eine Bombenstimmung.

¿ HEINZ R. KUNZE

Auch wenn sie sich Halle nennt, hat sie doch wohl eher Clubcharaker: Die Markthalle in Hamburg, Stätte meiner ersten nennenswerten Erfolge außerhalb der Osnabrücker Heimat. Die Atmosphäre ist heiß und direkt, sogar das Weiße im Auge des Publikums kann vom Musiker besichtigt werden. Den Komfort kann ich nur so umschreiben: malerisch verfallen bis bierdunstig verrottet, und die Akustik ist o.k. Das Tor 3 in Düsseldorf, ein weiterer Club und Schauplatz meines Durchbruchs im Westen. Atmo: bestens geeignet für die Gefühlsausbrüche rheinischer Begeisterungsfähigkeit. Komfort: nicht gerade ein Traumschiff der Nacht, aber erträglich. Die Akustik ist dagegen eher etwas problematisch, da mehrere Säulen den Raum industriedenkmalartig unterteilen. Ein guter Tip ist auch das Theaterhaus Wangen in Stuttgart, wo mir die Schwaben 1990 einen Empfang bereiteten, als hätte ich mich eigens für sie wiedervereinigt. Dabei hatte ich mich gar nicht aufgelöst. Die „Halle“ ist recht nüchtern und die Bühne scheint mir etwas zu hoch zu sein, aber die Leute aus dem Ländle machen dieses Manko wieder wett.

Und nun zu den Hallen. Die Ostseehalie in Kiel. Atmo: fast clubartig nah, die Bühne ist von überall her gut erlebbar. Komfort: sehr gut. Das E-Werk in Köln ist schon allein wegen des phantastischen Publikums ein Erlebnis. Wenn man die einmal rumgekriegt hat. setzen die die Schwerkraft außer Kraft. Atmo: Karneval zu jeder Jahreszeit. Das Tempodrom in Berlin ist zwar ein Zirkuszelt, aber wir spielen lieber mehrmals dort als in einer größeren Halle. Atmo: zirzensich intensiv, Leute zum Greifen nah, bitte nicht die Musiker füttern! Komfort: Artistenwagen, rollende Garderoben — nie sollen wir vergessen, daß wir Musiker eigentlich zum fahrenden Volk gehören. Akustik: leider so gut, daß sich oft die Nachbarschaft beschwert.

¿ CAMPINO

Der Ratinger Hof in Düsseldorf ist mein Lieblings-Club. In diesem Kultladen hat für mich alles begonnen — im Keller hatte ich mit meiner ersten Band ZK den Übungsraum. Komfort und Sicherheit waren in dem Laden gleich Null, aber wen hat das damals schon interessiert? Gut ist auch die Markthalle in Hamburg. Hier stimmte einfach alles. Nur die Security-Leute waren ziemlich harte Jungs, Marke Karussellbremser. Aber der Laden war ja sowieso nie ein Ort für Kindergeburtstage.

Bei den Hallen fällt mir sofort die Dortmunder Westfalenhalle ein. Für die Größe ist es die persönlichste aller Hallen. Besonders wenn sie voll ist — dann ist dort eine richtig intime Atmosphäre.

¿ W. NIEDECKEN

Mir kommt’s fast so vor, als hatten wir unseren letztjährigen Tourplan speziell für diese Umfrage zusammengestellt. Die Tourplanung lief unter dem Motto „Flächendeckung für die Fans“. Sehr zupass kommt mir die Gelegenheit kundzutun, daß die Milchmädchengleichung klein = gut, groß = schlecht völliger Schwachsinn ist. Wir haben in Clubs gespielt, die — wie die Münchner Theaterfabrik — eine Zumutung waren und in Hallen, wo von Atmosphäre bis zur Akustik alles optimal war.

Auf Clubebene sind mir folgende drei noch in bester Erinnerung. Erstens das E-Werk in Köln!… wenn mer nit alles selver mäht! Zweitens die Hamburger Markthalle, die trotz winziger Bühne unvergleichlich ist. Da scheinen die Seelen aus 20 Jahren Rockgeschichte mitzujagen. Gute Akustik und freier Blick auf die Bühne. Und drittens das Capitol in Hannover, weil Akustik, freie Sicht wie Bewirtung keine stressige Abspeisung zulassen.

Auch bei den Hallen fange ich mal ganz lokaipatriotisch an. Zuerst die Kölner Sporthalle. Keiner der sieben Gigs unserer „X für E‘ U“-Tour in dieser Bude hatte auch nur im entferntesten etwas Gigantomanisches an sich. Das kann nur damit zusammenhängen, daß trotz des immensen Fassungsvermögens kein Zuschauer unzumutbar weit vom Geschehen entfernt ist. Der einzige Minuspunkt geht an das mit Abstand rigideste und unflexibelste Ordnungspersonal bundesweit (dafür haben sie aber die nettesten Klofrauen!). Zum zweiten die Berliner Waldbühne. Wer jemals die Dämmerung eines lauen Sommerabends auf diesem Ding verbracht hat. weiß, was ich meine: eine unbeschreibliche Atmosphäre, an der nur noch die Loreley tippen kann.

Trotzdem bleibt wahr, womit wir uns stets selber trösten: Die Hallen heißen Hallen, weil sie hallen!

¿ ACHIM REICHEL

Für mich immer noch die absolute Nummer eins, weil bis heute unerreichte Atmosphäre und eben keine dieser nackten Veranstaltungshallen, ist— wer errät’s — na klar, der legendäre Star-Club in Homburg. Man konnte von allen Seiten her sehen und hören, nicht zu vergessen dos ansteigende Bodenniveau plus Balkon und die große Bühne mit Vorhang. Nicht umsonst hat hier von den Beatles über Jimi Hendrix bis Ray Charles alles gespielt, was Rang und Namen hatte.

Heute noch gut: Die Zeche in Bochum, ein Club mit mehreren Ebenen, einem Stahlrohrambiente, durch Treppen miteinander verbunden und einer Bühne mit etwas zu geringer Tiefe.

Modernes in Bremen ist ein ehemaliges Kino, das zum Club umfunktioniert wurde und mit einem Superfeature aufwartet: Das kreisrunde Dach läßt sich wie eine Planetarium öffnen. Leider gibt’s keine Dusche im Backstage-Bereich.

¿ WESTERNHAGEN

Die Westfalenhalle in Dortmund hat den besten Sound oller großen Hallen in Deutschland. Vor allem ist dort das Publikum außergewöhnlich. Wie die alles mitsingen — scheint in der Mentalität des Rheinlandes zu liegen, daß die Leute dort sogar richtig im Ton mitsingen und den Takt korrekt mitklatschen können.

Sehr gerne habe ich auch immer in der Heidelberger Stadthalle gespielt. Die ist wie die Londoner Royal Albert Holl im Klein-Format — Rote Samt-Stühle und ein goldverschalter Balkon. Gerade do kommt Rock V Roll gut.

Außerdem habe ich das Storyville in Köln, Club 99 in Düsseldorf und das Pö in Hamburg noch in guter Erinnerung. Doch die gibt’s leider olle nicht mehr.

immer gut drauf, hilfsbereit und meistert jede noch so vertrackte Situation spielend. Und auch dem liebenswerten Pubiikum dort fühlt man sich sofort irgendwie familiär verbunden. Außerdem kann man stets auf einen guten Sound bauen, über tolle Garderoben und eine verhältnismäßig große Bühne verfügen. Eben alles, was das Musikerherz begehrt.

Da.s Kölner E-Werk ist ein interessanter, origineller Club, der trotz seiner Größe so etwas wie eine intime Atmosphäre aufkommen läßt. Gut sind auch die Garderoben, toll die Tribüne, witzig die Optik. Kaum zu glauben, daß dort früher eine Industriefirma hausierte.

Das Capitol in Mannheim ist für Rock-Konzerte leider nicht mehr zugelassen. Das bedauere ich umso mehr, als das ehemalige Kino einen runden Saal hat und dadurch eine

¿ JULE NEIGEL

Das Kammgarn in Kaiserslautern besondere Nähe zum Publikum erist der beste Club, den ich in der möglichte. Auf diese Weise entstand Größe kennengelernt habe. Das bei unseren Konzerten immer eine Team des Kammgarn ist locker und ganz spezielle Stimmung.

¿ KLAUS MEINE

Ich möchte etwas vorausschicken: Wir versuchen bei jeder Produktion, die wir für eine Tournee auf die Beine stellen, den Zuschauern eine optimale, professionelle Show zu bieten. Das hat natürlich zur Folge, daß wir nur dort die gesamte Produktion optimal auf die Bühne bringen und den Zuschauern das Beste bieten können, wo auch genügend Platz und Raum dafür vorhanden ist. also in großen Hallen, wie man sie zum Beispiel in Amerika quasi in jeder Kleinstadt findet. Die wichtigsten Kriterien bei der Wahl der Hallen sind für mich: der Sound und die Atmosphäre. Beides ist sowohl in der Westfalenhalle als auch der Münchner Olympiahalle und der Stuttgarter Schleyerhalle gegeben. Die Westfalenhalle ist eine absolut amtliche Rock ’n“ Roll-Stätte mit einer Super-Atmosphäre. Namentlich die Westfalenhalle 1 verwandelte sich bei unseren letzten Konzerten schon nach wenigen Minuten in einen schweißtriefenden Hexenkessel. Der Hammer schlechthin war, als wir auf unserer „Crazy World“-Tour dort Station machten und das Publikum am Ende des Gigs baten, doch noch eine weitere halbe Stunde auszuharren, um bei den anschließenden Video-Aufnahmen zu“.Wind Of Change“ dabei zu sein. Wir sind dann nach zwanzig Minuten wieder auf der Bühne erschienen und wurden von rund 10.000 Zuschauern gefeiert. Die Münchner Olympiahalle ist eine typische Sportarena. Doch wir sollten uns einigermaßen glücklich schätzen, überhaupt so etwas wie Rock ’n‘ Roll-taugliche Sportarenen zu haben und nicht permanent in sogenannte Mehrzweckhallen wie etwa der Hannoveraner Messehalle gepfercht zu werden. Und auch auf die Schleyerhalle trifft zu: eine kompakte Arena mit einem phantastischen Flair.