Harakirilyrik Aus Dem Oaklandazulasylum
Vom Hip-Hop-Boy zum Crossover-Spezi: Mit WHY? spielt Yoni Wolf Psychrock, Noise und Country über Kreuz.
Die Geschichte von Why? ist die Geschichte einer Verwandlung. Sie erzählt, wie aus einem Hip-Hop-Boy aus Cincinnati der Crossover-Spezi dieser Tage werden konnte und sie ist sogar ebendiesem selbst manchmal ein Rätsel. Yoni Wolf, 30, ist der Mann fürs geschwungene Satzzeichen bei Why?, Harakiri-Lyriker, Sänger, Multiinstrumentalist und Mitbegründer des Labelkollektivs Anticon, in dem seit Ende der 90er fröhlich an der Zweckentfremdung des Hip-Hop gewirkt wurde. Anfangs passte die Welt von Yoni Wolf auf vier Spuren eines Aufnahmegeräts, das der Junge mit den schwarzen Locken in der Synagoge seines Vaters gefunden hatte. „Musik habe ich erst ernst genommen, als ich anfing, meine Stücke aufzunehmen, 1997/1998, alles auf Tape, die Cover selber kopiert. Das war schön, man hatte etwas in der Hand, das man auch weitergeben konnte.“ Als er Why? ins Leben rief, habe er Rockmusik gehasst, erzählt Wolf. “ Okay, ein paar alte Sachen habe ich gehört, Pink Floyd, Beatles, Dylan. Aber wir waren alle Hip-Hop-Kids, niemand mochte den Indierock dieser Jahre. “ Die ersten Veröffentlichungen von Why? verraten noch klarer eine Hip-Hop-Handschrift, die Tracks stolpern über ihre Beats, Yoni spricht mehr, als dass er singt, über diesen seltsamen Soundschlieren und Loops. Von Album zu Album aber bewegte sich Wolf, assistiert von seinem Bruder und Jazzfachmann Josiah (Drums) und Doug McDiarmid (Piano, Gitarre), aus den gängigen Hip-Hop-Mustern hinaus auf ein freies Feld mit Pfaden Richtung Psychedelic Rock, Noise, Folk und Country. Auf dem ersten Why?-Album OAKLANDAZULASYLUM (2003) hörte sich das wie eine Meditation auf kaputten Soundkulturen an, die aber schon die eine oder andere Zuckermelodie erkennen ließ. Das Album ESKIMO SNOW ist das neueste Produkt der produktiven Verwirrungen im Wolf-Universum. Die Songs entstanden parallel zu denen des Vorgängers ALOPECIA, kommen jetzt aber ein Jahr später heraus.
„Während wir auf Tour waren, habe ich mir die Songs von ES-KIMO SNOW immer wieder angehört, um herauszufinden, wo wir noch Hand anlegen sollten.“
Irgendwann wusste Yoni Wolf: Es war dieser Psychrock-Glamour, den die Songs so gut gebrauchen konnten. Wenn Why? jetzt touren, finden die Stücke von ALOPECIA und ESKIMO SNOW wieder zusammen. Sie werden auch schnell zur Routine, findet Yoni Wolf.
„Live verlierst und gewinnst du gleichzeitig. Wenn du einen Song immer und immer wieder singst, wird er zum Mantra. Er verliert seine ursprüngliche Bedeutung – in einem intellektuellen Sinne. Denk an dein Muskelgedächtnis, dann weißt du, wie sich das anfühlt. Die Musik wird zu einem Teil von dir. Sie ist Teil eines Systems.“