Herbert Grönemeyer
Stellenweise Glatteis! Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt begab sich Herbert Gronemeyer (29) geborener Göttinger, gelernter Bochumer, ehemaliger Zadek-Eleve, käsgesichtiger U-Boot-Fahrer und erfolgreicher "Männer"-Besinger für ME/SOUNDS auf musikalischen Schleuderkurs. Doch auch auf diesem eisigen Parkett stand "Gröni" seinen Mann. Zwischen Telefonaten wegen des "Band für Afrika"-Projekts und Studioterminen für eine holländische "Mannen"-Version blieb der Vielbeschäftigte winterfest. Das Thermometer allerdings stieg selten über Null...
Honeydrippers: „Sea Of Love“
„Wer ist denn das??“ ME/Sounds: Honeydrippers. Jeff Beck. Robert Plant…
„Finde ich irgendwie öde. Wenn das ironisch gemeint sein soll – mit diesen Über-Streichern und diesem zuckrigen Arrangement… nicht besonders einfallsreich. Kann ich nichts mit anfangen, überzogen!“
Dieter Thomas Heck: „Heimat, Deine Sterne“
(Runzelt die Stirn) „Ist das Heck, der Spinner? Das ist die totale Hyperscheiße. Ich kann nicht mehr! (lacht) Schon das Intro war Scheiße. Was ist das denn für ein Lied? Versucht sich krampfhaft an Whittaker zu hängen. Nä, ich krieg ein Föhn. Der hat auch einen Stimmumfang von anderthalb Tönen. Braucht wirklich keiner! Es reicht. Mach aus!“
Paul Young: „Everythinq Must Change“
(Nach den allerersten Takten) „Ach das ist Paul Young. Wunderbar, den liebe ich sehr… (im Brustton der Überzeugung). Die Stimme, die Arrangements, ausgezeichnet! Er hat auf NO PARLEZ verschiedene Dinge gemacht, da hätte sonst jeder den Kopf geschüttelt. Finde ich geil.“
Tote Hosen: „Liebesspieler“
„Extrabreit????“ ME/Sounds: „Noch zwei Versuche“ … „Ehemalige Kollegen von mir? Also nicht Extrabreit?“
ME/Sounds; Es sind die Toten Hosen! „Aach. Ich finde, das Beste an der LP ist dieses Cover mit dem toten EMI-Hund (grinst). Die nehmen sich bestimmt nicht ernst. Das ist Randale-Musik, provokant, laut, mutig. Ich nehme mich ja auch nicht so ernst. Finde ich witzig – besonders das Cover, das ist gut, das ist wirklich gut.“
Bronski Beat: „It Ain’t Necessarily So“
(Singt nach den ersten Takten mit) Wer hat das denn nun wieder vergewaltigt? (Als der Gesang einsetzt, erste Kummerfalten) Wer ist das denn, mein Gott??“
ME/Sounds: Rosarot. Smalltown Boy … „Ach, die sind das. Fürchterlich. Gefällt mir nicht. ,Smalltown Boy‘ fand ich okay, aber das ist langweilig. So einen Evergreen heranziehen und auf Nummer sicher gehen, – öde!“
Joachim Witt: „Das Supergesicht“
„Ja, den kenn ich – Joachim Witt. Das hört man. Den finde ich sehr mutig und speziell.“
ME/Sounds: Was heißt speziell? „Witt versucht, nicht auf irgendwelche Trends und Trittbretter aufzuspringen. Er bemüht sich, sehr verquer und eigenständig zu sein. Klingt gut. Originell. Hai doch Klaus Voormann produziert, oder? Der Text (lacht) ist schon ein bisserl eigentümlich. Aber das ist mir lieber, wie wenn jemand gewollt auf engagiert macht.“
Ärzte: „Claudia hat’nen Schäferhund“
„Was hat die?“
ME/Sounds: Einen Schäferhund.
„Hm, kenn ich nicht (liest den Blind-Date-Kommentar der Ärzte über seine „Alkohol-Nummer“) Text völlig dämlich. Die Brüder sind ja wohl vom Mund gebissen. Langweilig und harmlos.“
Elvis Presley: „Promised Land“
(Stutzt, ungläubig): „Elvis? Gefällt mir nicht. Ich steh eh nicht auf so ’ne Musik. Hätte aber auch nicht gedacht, daß das der olle Presley ist. Was setzt du mir hier für Kamellen vor?“
Maurenbrecher: „Mammi, Mutti, Muschi“
„Hört sich an wie Spliff?!? Das muß Spliff sein! Ist das nicht Mitteregger, der da singt?
ME/Sounds: Warm … (Grübelt) ,Maurenbrecher? Der singt ja wie Mitteregger. Die haben die Stimmen übereinander gelegt. Mach nochmal zurück. Interessant! Hab‘ ich noch nie gehört. Könnte wirklich als die neue Spliff durchgehen. Handelt der Text von seiner Mammi?“
ME/Sounds: Nicht nur, es geht auch um Muschis.
„Na ja, muß ich mir mal in aller Ruhe anhören. Im allgemeinen finde ich Maurenbrecher gut.“
Foreigner: „I Want To Know What Love Is“
„Foreigner! Schmusewolle. Sehr schmusig, sehr schmusig. Finde ich nicht umwerfend. Sehr spekulativ, sehr daunenartig. Ein Ohrwurm. Mir zu glatt. Diese Bands haben einen Massenwahn: Alle müssen auf der Straße tanzen, easy, peace and love. Plastic-Power.“
Marius Muller Westernhagen: „Mackie Messer“
(Kaum läuft der Titel, zischt Herbert hörbar durch die Zähne) „Also ich bin an sich seit Jahren ein eingefleischter Fan von Marius, aber diese Nummer finde ich leider daneben. Das hat hauptsächlich wohl mit meinem Purismus zu tun: Erstmal soll man solche Songs in Ruhe lassen und dann ist diese Version auch vollkommen verkorkst, verdreht. Ich finde Marius wirklich gut. Er schreibt hervorragende Songs, tolle Texte. Aber „Mackie Messer“, hm … Als einzige Ehrenrettung kann man anführen, daß er so daneben liegt, das es schon wieder von Mut zeugt. Mackie. nä: Marius, ja!“
Stranglers: „No Mercy“
„Das ist doch ne uralte Nummer, oder? Langweilig, Schlafpille. Kann ich rein gar nichts mit anfangen. Habe von der Truppe auch noch nie was gehört. Stranglers? Ich dachte, das wären Country Brüder.“