Hilfe durch alte Klamotten – Omas Sofa gibt Gestrauchelten neuen Halt


1946 legte ein Franziskaner Mönch in Paris den Grundstein: Er sammelte obdachlose Kriegsgefangene und Clochards von den Strassen auf, ließ sie Gerumpel, Trödel und ähnlichen Ballast abtransportieren und gab ihnen vor allen Dingen ein Dach über dem Kopf. So wurde die Idee der Emmaus-Brüder geboren. (Mittlerweile verteilen sie sich über 37 Nationen, sogar bis nach Japan. In der Bundesrepublik gibt es die Emmaus-Brüder – wie auch in den angrenzenden Nachbarstaaten – ungefähr seit 20 Jahren. Sie siedelten sich hier in Stuttgart, Duisburg und Stommeln bei Köln an.

Die Emmaus-Brüder: Ein Tip für alle, die auf der Suche nach Trödel und Nostalgie die hohen Preise der professionellen Händler meiden wollen oder für diejenigen, die einfach kein Geld haben, um sich mit modernen Serienprogrammen auszustatten: ausländische Familien, Studenten, und so weiter. Hier gibt es noch ein komplettes Schlafzimmer für ganze 250 DM. Der sogenannte „Gelsenkirchener Barock“ überwiegt, echte Schmuckstücke hin und wieder dazwischen versteckt. Altes Geschirr, Gläser, Waschmaschinen, Herde. Schelllackplatten, Plattenspieler, Lampen und jede Menge defekter Fernsehapparate, kurz: alles und nichts stapelt sich hier unter einem Dach.

Irgendetwas „Soziales“

Daß dieser Umschlagplatz für jegliches Altmaterial nichts anderes ist als Mittel zum Zweck, nämlich die Emmaus-Idee am Leben zu halten, ist wahrscheinlich den meisten Kunden kaum bekannt. Sicher, daß irgendetwas „Soziales“ dahintersteckt, hat sich schon herumgesprochen, aber so genau weiß das wohl niemand. Bei „Emmaus“ finden Obdachlose und entlassene Strafgefangene ein Übergangsquartier. Bernd Martin (33), arbeitet seit fünf Jahren für diese Organisation in Stommeln. Der ehemalige Systemanalytiker hatte 1970 seinen Beruf dafür an den Nagel gehängt: „Mir gefällt es besser, für diese Leute etwas zu tun, als jeden Tag am Schreibtisch zu sitzen. Wir werden hier weder von Kirche noch vom Staat unterstützt.“ erklärt er. (Dies für alle, die meinen, daß dies eine konfessionelle Einrichtung sei. Man redet sich hier zwar mit „Bruder“ an, trotzdem handelt es sich hier keinesfalls um einen „Mönchs-Orden“.)

Nach einigen Wochen kommen die Probleme

Im allgemeinen soll sich niemand länger als drei Monate in diesem Übergangsquartier aufhalten. Jeder erhält 25 DM Taschengeld in der Woche sowie freie Unterkunft oder Verpflegung. „Viele von ihnen kommen immer wieder,“ erklärt Bernd Martin. „Es gibt eben Leute, die es einfach verlernt haben, zu arbeiten. Die finden keinen Absprung mehr. Die gehen für ein paar Monate auf Tour und kommen dann oft wieder für einige Zeit zurück.“ Und wie verhalten sie sich? „Am Anfang sind sie meist sehr zurückhaltend, wie die meisten eben, die gerade aus der Strafanstalt kommen. Aber nach ein paar Wochen, wenn sie aufgetaut sind, dann gibt es schon Probleme. Das Taschengeld ist ihnen zu niedrig, und sie kritisieren die Unterkunft und das Essen.“ Und wie ist die „Erfolgsquote'“.‘ Bernd Martin kann hier nur die Schullern zucken: „Wenn wir zwei von zehn durchbekommen, dann ist es viel. Aber wie sollen wir hier auch effektiver arbeiten ohne Sozialarbeiter. Die wollen schließlich auch ihr Geld verdienen, aber das ist hier nicht drin.“

Was am Monatsende übrig ist …

Drin ist hier wirklich nichts. Die Scheune, die als Lager für die Möbel dient, plus Anbau mit dürftigen sanitären Anlagen verschlingen monatlich eine vierstellige Summe. Daneben gehen vom Erlös auch noch Spenden ab; für ein peruanisches Kinderdorf, eine Fischzucht in Afrika oder vietnamesische Patenkinder zum Beispiel. Was hier am Monatsende also übrig bleibt, ist nicht sehr beeindruckend. Die Emmaus-Brüder und ihre „Untermieter“ beschränken sich auf das Nötigste. Den einzigen „Luxus“, den sich Bernd Martin leistet, ist ein Klavierskelett – natürlich aus Sammelbeständen.