Hirnflimmern
We’re on a hiiiighway to Erweichung
Das moderne Leben gibt sich ja immer sehr Mühe.damit alles noch viel toller wird. Zum Beispiel muss man beim Wintersport-TV schon lange nicht mehr so öde nur die Sportausübung anschauen, sondern kriegt das alles umwickelt mit humaninterest-Sättigungsbeilagen. Da hat man dann den Nationalhelden Sven Hannawald, der vielleicht nicht ganz grundlos Skispringer und nicht Philosoph geworden ist, wie er in einem total persönlichen Interview vorträgt, was er sich so vom Leben wünscht. „Eine ganz normale, bürgerliche Frau, nicht so ausgeflippt schicki-micki, mit guter Figur“. Hm. Und „zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge“, alles unterzubringen auf einem „Riesen-Gelände, großes Haus drauf, dazu „einen Flitzer für mich für die Spritztouren, ein Familienauto, Whirlpool, halt so alles drum und dran“, als i-Tüpfelchen noch „irgendein Haustier“. Schön, wenn junge Menschen noch Träume haben. Für Leute mit schmalerem Geldbeutel aber Bock auf individuelle Note bietet das moderne Leben bekanntlich die Möglichkeit, sich die neuesten Klingeltöne fürs Handy aus dem Internet runterzuladen. Und wie wir so den Highway to Hirnerweichung hinunterrauschen, kommt uns mit Volldampf Schon, wenn junge Menschen noch Träume haben gleich noch eine kommunikationstechnologische Top-Neuentwicklung entgegen: Es gibt jetzt endlich Telefonanlagen, die den Anrufer nicht mehr mit einem nichtssagenden Klingeltuten allein lassen, sondern mit konkreten Tipps zur Handhabung unter die Arme greifen: „Bitte warten“ sagt die Computerstimme und man weiß, was zu tun ist. Dank. Apropos Highway und Erweichung: Der Autor dieser Spalte lebt seit einer Woche im Rahmen einer Berichterstattungsreise in einem heftig ge-airbrushten Nightliner-Tourbus den Großen Amerikanischen Rock’n’Roll Traum. Heißt highwaytechnisch weitgehend:Schöne Landschaften und erschröckliche Flachbauansiedlungen hinter Glas, drinnen Tapedeck-Terror des amirockenden Busfahrers. Der Highway to Erweichung führt nach Texas rein. „Wenn dir deine Freiheit gefällt, dann danke einem Kriegsveteranen“ stehtauf dem Stoßstangen-Aufkleber des Pickups an der Ampel und der Club, in den’s jetzt zum Tourneeabschlusskonzert geht, sieht aus wie ein, tja, Herrenclub. Drinnen läuft Creed-Musik. Be afraid, be very afraid. Mehr in Bälde