Hirnflimmern


So machen es alle

Entschuldigung, das Photo ist diesmal so prätentiös, daß ich mich verpflichtet fühle, eine inhaltliche Brücke dazu zu schlagen. Vielleicht nehmen wir einfach den Fisch (no animals were harmed; es ist ein sog. Glibberfisch aus naturnahem Gummi) als Sinnbild für etwas, das einem von einer, sagen wir, Strömung, einem Konsens oder gar (huch!) einem Geschäftsinteresse unterbreitet wird und das ich, wie man sieht, unter Umständen bereit wäre zu schlucken. Wenns was Gescheites ist.

Ich rede von dem zuletzt über Gebühr gehypten Phänomen „Hype“. „Man kann ja nichts mehr anfassen heutzutage, weil alles so gehypet ist!“ Ich mag das Genöle nicht mehr. Wenn die neue Platte der „Hype-Band“ Futureheads super ist, möchte ich die gern ungestraft super finden, und nicht statt dessen Heinz & Die Hoenesse geil finden müssen, weil die zwar Mist, aber (angeblich) unkorrrumpiert sind. Wenn nämlich etwas noch bescheuerter ist als der Hype, dann ist das der vorauseilende Pauschal-Gegenhype. der mit großem Gewedel und überlegener Pose den Hype verächtlich macht und sich klemmig darin gefällt, nicht“.drauf hereinzufallen“. Ohne mal geprüft zu haben, ob das „Hereinfallen“ im Einzelfall nicht vielleicht ganz wonnig verlaufen könnte.

Was ich meine: Sagen wir, der Gummifisch ist Mozart. Was war das für ein Geblöke bereits zu Anfang des „Mozartjahres“, man könne es ja schon nicht mehr hören, überall, unausweichlich: Mozart, wie schlimm: der Mozart-Hype! Mir persönlich ging’s so, daß ich das „Man kann’s ja schon nicht mehr hören!“ sehr früh schon nicht mehr hören konnte, während ich mich weiterhin freue, wenn z. B. irgendwo (sogen wir mal: Bayern 2 Radio) eine interessante Sendung über Mozart läuft. Ich werde mir auch zukünftig keine Amadeus-Kochschürze o. ä. kaufen, aber „die“ hatten mich doch tatsächlich so weit, daß ich mir fast bescheuert vorkam als ich jüngst von der Mozartmusik ereilt, ja: geküßt wurde. So: „Ausgerechnet jetzt, im Mozartjahr! Wie uncool! “ Fakt ist: Ich Nase hätte mich wohl auch die nächsten 20 Jahre nicht mit Mozart beschäftigt. Und so bin ich dem Mozarthype dankbar, daß er ihn mir quasi aufgedrängt hat, zunächst in Form einer hereinflatternden 08/15-Compilation von „Greatest Hits“, die mein Einstieg war. Hach! Auf die Gefahr hin, Redundantes von mir zu geben: Was für eine wunderbare Musik! Man muß direkt aufpassen als Rock/Pop-Beschreiber, daß man keine Berufsunfähigkeit davonträgt. Nur eine gruselige Vorstellung drängt sich auf: Diese Musik, die sich in ihrer wirklich schier vollendeten melodisch-harmonischen Großartigkeit dermaßen ins Hirn schmiegt – und dann hatten die Leute damals außerhalb eines Konzertes keine Möglichkeit, sich das nach Belieben nochmal anzuhören und z.B. tobende Ohrwürmer zu beruhigen. Es sei denn, sie kannten jemanden, der Klavier spielen konnte. Meine Güte. Ich möchte also mit mehr Redundantem schließen und mich mal ganz allgemein für die Erfindung der Tonaufzeichnung bedanken. Und da spreche ich ja nun hoffentlich wieder für alle von uns?