Hirnflimmern: Josef Winkler erinnert sich an seinen Jugendhelden David Bowie
Josef Winkler war ein Spätzünder-Bubi vom Land, dem dringend jemand Zunder geben musste. Es fand sich David Bowie.

Die Hektik am Montagmorgen, „klick“ macht die Kindergartenbrotzeitdose – jetzt aber los, die 8-Uhr-Nachrichten sind schon fast durch! Da sagt die Sprecherin: „Gerade wird gemeldet, dass der Sänger David Bowie im Alter von 69 Jahren gestorben ist.“ Die Radiofrau ist verrückt geworden – sie sagt, dass David Bowie tot ist. Ich trage den ungeheuerlichen Satz hinüber zur A., spreche ihn aus wie etwas Unheimliches in einer fremden Sprache, und im nächsten Moment kreischt und kracht es draußen – vor unserer Einfahrt sind zwei Autos zusammengeknallt. Kein geschockter Bowie-Fan, der die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hätte, nur die Banalität eines dummen Überholmanövers, Blechschaden und ein surrealer Effekt. Bowie ist tot. Das ist so wahr und so irre und brutal wie diese herausgerissene VW-Bustür da auf dem Asphalt.
Ich war 17 – klar: in dem Alter hat man heute eine Solo-Weltumseglung und zwei Auslandssemester hinter sich, aber es war 1990, ich war ein Bauernbub im Chiemgau, München war groß und fern, und am Vorabend meines Trips ging mir seriös die Muffe vor meiner eigenen Courage: Worauf hatte ich mich da eingelassen? Und ja, wie rocknroll ist DAS denn! – es war meine Mutter, die mir an diesem Abend die Hand auflegte und Mut zusprach; das würde ich hinkriegen, es werde toll und ich solle mich drauf freuen! Sie hatte natürlich recht. Die Reise war aufregend, das Konzert grandios, und am nächsten Tag war ich die coolste Sau der Klasse – das war zwar nur mir selbst klar, aber das reichte. Ich war bei Bowie gewesen; sollten die anderen weiter Guns N’ Roses hören.
Als meine Mutter vorletzten Herbst im Sterben lag und ihre Hand schon so spröde und durchscheinend aussah wie die von Bowie am Anfang des „Lazarus“-Videos, sagte ich ihr, wie wichtig das für mich war, damals im Frühling vor 25 Jahren. Jetzt ist auch Bowie gestorben. Und ich muss schauen, dass ich den Schwung, den mir die zwei mitgegeben haben, weitertrage.