Holy Fuck: Planlose Visionäre


Die Kombination eines solchen Bandnamens mit Musik, der man nur mit dem Begriffsmonster LoFi-Instrumental-Electro-Noisecore annähernd gerecht wird, legt die Empfehlung eines zweiten beruflichen Standbeins nahe. Einen solchen Ratschlag aber dürfte die Band um Brian Borcherdt und Graham Walsh aus Toronto lachend ausschlagen. Denn hinter all dem Wahnsinn, den Holy Fuck auf Platte und Bühne abfeuern, scheint eine konkrete Idee zu stecken: „Ich denke, wir wissen ziemlich genau, ums momentan so abgeht, was andere Musiker machen und was die Leute spannend finden“, so Borcherdt. Basierend auf diesem Wissen wollen die Kanadier Trendgesetze austricksen und etwas Zeitloses schaffen: Um nicht in die Falle zu tappen, momentan hypermoderne, schnell aber altbacken wirkende Sounds zu verwenden, verzichten sie komplett auf Laptop-Sounds und verwenden tatsächlich nur leibhaftige Instrumente – oder was sich eben dazu zweckentfremden lässt: „Wenn du kein Schlagzeug hast, trommelst du eben auf Schachteln herum“, erklärt Borcherdt seinen Handwerkeransatz. Diese Philosophie schlägt sich auch in ihren Konzerten nieder. „Entweder wird’s echt laut und heavy oder richtig soft und albern – oft bricht auch einfach alles auseinander“, resümiert Walsh und ergänzt augenzwinkernd: „In Wahrheit haben wir natürlich überhaupt keinen Plan davon, was wir da machen.“

Holy Fuck – LP (YoungTurks/XLRecordings/Beggars/Indigo)