Hootie & The Blowfish
Selbst wenn man den Blowfish nicht mag — was, bitte schön, will man Hootie ernsthaft vorwerfen? Etwa, daß sie weltweit 13 Millionen Exemplare ihres Debüts ‚Cracked Rear View‘ verkauft haben? Na und? Boston verkauften 15 Millionen ihres Debüts aus dem Jahr 1975, demselben Jahr, in dem Led Zeppelin mit ‚Physical Graffiti‘ ein ungleich anspruchsvolleres Album hinlegten. Die USA bestehen nicht nur aus New York, L.A. oder Seattle, wo Neo-Punk, HipHop oder Alternativ-Töne regieren. Die USA sind eben ein sehr großes Land, mit sehr vielen Bewohnern. Und wenn 12 Millionen davon keine Lust haben, sich die Haßtiraden der legalen Gangstas anzuhören, statt dessen lieber leicht verdaulichen Poprock mit schlichten Texten einlegen, dann macht das diese Band zu einem ähnlich uramerikanischen Phänomen wie McDonald’s. Und die mußten auch erst mal ein paar Milliarden Burger zuhause verditschen, bevor sie eine Filiale auf dem Roten Platz eröffnen durften. Hootie spielen heute einen glatten zweieinhalb-Stunden-Set, so schnörkellos wie das Publikum. 40.000 sind gekommen, um eine pflegeleichte Show zu sehen: Keine Lightshow, kein Feuerwerk und keine 100.000-Watt-Anlage. In ihrer wohlverdienten Scheiß-egal-Stimmung eröffnen Hootie mit ‚Time‘, einem lauen Nümmerchen vom ersten Album. Es dauert eine halbe Stunde, bis die ersten Gassenhauer auf den Tisch – oder besser: auf die Bühne – kommen: ‚Only Wanna Be With You‘, ‚Hold My Hand‘, der schwarze Sänger Darius Rucker wie ein weißer Grunger, der versucht, wie ein farbiger R&B-Sänger zu klingen. Die Band – Dean Felder am Bass, Soni Sonfeld am Schlagzeug, Gitarrist Mark Bryan und ein namenloser Percussionist, begleitet fehlerlos wie ein CD-Laufwerk. Hootie spielen ihre alten und ihre zukünftigen Hits, servieren dazu zwei ganz große Songs, geben satt Zugabe und verschwinden in die Pause vor der bevorstehenden Europatournee. Und wir verschwinden auch. Mit dem Gefühl, sich nicht über vergeudete Zeit ärgern zu müssen, aber auch nichts besonders Großartiges erlebt zu haben eben weder Fleisch noch Blowfish.