Hyperaktives Universalgenie auf Papier: 200 Seiten M.I.A.
M.I.A. wirft einen 200-seitigen Bildband zu ihrer Karriere auf den Markt. Der ist anstrengend, verursacht Verdauungsschwierigkeiten ist aber gleichzeitig eine wundervolle Ode an das Konzept des musizierenden Künstlers, das immer mehr in Vergessenheit gerät.
Eigentlich nichts Neues: Mathangi Arulpragasam aka M.I.A. strapaziert mal wieder Nerven und Geist: eine Musikerin gibt mit 37 Jahren eine Art autobiographisches Gesamtwerk in Buchform heraus. Doch das knapp 200-seitige Werk, das dieser Tage im Rizzoli Verlag erschien, und dasden Weg, der in Sri Lanka geborenen und in London aufgewachsenen Künstlerin nachvollzieht, unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von der Tagebuch-Tristesse zu junger Musiker: Arulpragasam hat Kunst und Film studiert, als Malerin und Regisseurin gearbeitet, kam nur zufällig zur Musik und verbindet seither als eine Art hyperaktives Universalgenie Visualität, Kunst, Performance, Musik und politische Haltung im alter ego M.I.A..
Und so ist der Band eben kein schnöder Abriss der letzten zehn Karrierejahre, sondern eine Ode an die Kreativität, die bei ihr in den unterschiedlichsten Formen Bahn bricht. Eingebettet in Interviews, in denen sie persönliche Ereignisse oder Überzeugungen diskutiert, und mit einem Vorwort des Designers und Schulfreundes Steve Loveridge, findet man in “M.I.A.” allerlei Songtexte, Leinwand-Graffitis, die in digitale Collagen verwandelt wurden, frühe Arbeiten aus der Zeit, in der sie noch am Saint Martins College in London studierte; Fotos, selbstgemachte Kostüme, Ausstellungen, Cover-Artworks oder „Fotografien, die auf Video aufgezeichnet und dann durch schlechte Computerverbindungen gespeist wurden, um als graphische Drucke wiedergeboren zu werden.“
Einfach Blättern geht bei diesem Buch nicht. Stattdessen wundert man sich hier, bekommt Kopfschmerzen dort, pflichtet ihren politischen Haltungen bei und erkennt, welche wertvolle Rarität eine echte Künstlerin ist, die keinem Plattenfirmen-Genlabor entstammt.