I.R.S. – Die frühe Plattenfirma von R.E.M.


I.R.S. Records war sicher eine der ungewöhnlichsten Plattenfirmen aller Zeiten. Und am Anfang. 1976, eine Notlösung; Der Exil-Amerikaner und Ex-Curved-Air-Drummer Stewart Copeland hatte eine neue Band namens The Police gegründet, sein Bruder Miles managte sie. Weil es Miles nicht gelang, einen Plattenvertrag zu ergattern, gründete er kurzerhand ein eigenes Label, Illegal Records, und verkaufte 70.000 Stück von der Police-Debütsingle „Fall Out“ – ein nie da gewesener Coup. Miles fand Geschmack am Geschäft und meldete eine Reihe weiterer Labels an (u. a. Step Forward und Total Noise), die er alle in einem ‚Konzern‘ namens Faulty Products vereinte.

Der Police-Erfolg brachte Geld, half Miles Copeland aber vorerst nicht weiter, bis endlich das wohl erfolgreichste Independent-Label aller Zeiten, A&M Records, als Vertriebspartner für Illegal einsprang – und für Miles‘ 1979 gestartetes US-Label I.R.S. Idas Kürzel des Internat Revenue Service, der obersten Steuerbehörde der USA, stand hier für „International Record Syndicate“). Das Anfangskonzept war nicht etwa ein „normales“ Label, sondern eine Art Sammelbecken für winzige Indie-Labels mit dem Vertriebs- und Marketingapparat einer Majorfirma. Die erste Band bei I.R.S. waren die Buzzcocks, es folgten die Go-Gos, Oingo Boingo und 1981 das berühmte I.R.S.-Logo mit dem „Steuerfahnder“.

1981 schaffte I.R.S. mit dem Go-Gos-Album beauty and the beat den kommerziellen Durchbruch, ein Jahr darauf folgte der Wall-Of-Voodoo-Hit „Mexican Radio“, woraufhin Miles eine Riesenmenge Acts unter Vertrag nahm und eine eigene Managementfirma gründete (Los Angeles Personnel Direction, kurz LAPD, wie die Polizei von Los Angeles). Promoten durfte er seine Künstler in einer eigenen Show auf dem neuen Sender MTV, „The Cutting Edge“, und so fand sich in der anschwellenden Flut von I.R.S.-Veröffentlichungen immer wieder der eine oder andere Charts-Treffer, aber auch jede Menge Kultplatten. Die stilistische Bandbreite war enorm: Neben Indie-Bands wie R.E.M., Lords of the New Church, Bad Brains, The Alarm, Fine Young Cannibals, Concrete Blonde, The Fall und Gun Club veröffentlichte die Firma auch Platten von Black Sabbath. den Animals. Don Miles Copeland Henley, dem Disco-Duo Shampoo, Marillion und Steve Hackett. 1985 gewann Miles Copeland den Branchenriesen MCA als neuen Vertriebspartner. 1990 stieg EMI bei I.R.S. ein, kaufte das Label 1994 und löste es 1996 auf das Ende einer Indie-Legende.