Ich glotz TV
...sang Nina Hagen 1978. Ob sie die schöne neue Programmfülle der 80er vorausahnte? Eine Auswahl
Miami Vice
Mit dem Speedboot heizen, mal eben einen Helikopter entern, mit dem Luxuschlitten um die Ecke kacheln: Sonny Crockett und Ricardo Tubbs waren immer sehr flott unterwegs in der pastellfarbenen Welt dieser durchgestylten Cop-Show. Und sahen dabei immer aus wie nach einem Termin beim 8oer Jahre Typ-Berater. Noch heute verursacht die Erinnerung an weiße Jacketts und verspiegelte Sonnenbrillen leichtes Augenbrennen.
Forme Eins
Stefanie Tücking, Peter Illmann, Ingolf Lück und später Kai Böcking brachten uns Videoclips ins Haus, als Deutschland noch MTV-Diaspora war und man“Viva“ bestenfalls im Zusammenhang mit „Las Vegas“ kannte. Nur Maskottchen-TöleTeasy ist uns erhaltengeblieben: Sie wirbt noch heute für amputiert von der eingestellten Sendung erscheinende „Formel Eins“-Sampler.
Dallas/Denver Clan
Die amerikanische Version des Intrigantenstadls machte einfach Spaß. J.R. war immer so fies, sein Bruder Bobby war immer so herzensgut, dessen Frau Pam hatte immer eine riesige Oberweite, Sue-Ellen war immer betrunken und Pams Bruder Cliff Barnes immer so erfolglos. Das gleiche in Grün war zwei Jahre später (1983) der „Denver-Clan“. Unterschied: Fiesling J.R. war auf einmal eine Frau und hieß Alexis. So einfach war das in den 8oern.
Privatfernsehen
Am Anfang des Privatfernsehens war RTL. Und Werner Schulze-Erdel und sein Schulterklopf-Spiel „Ruck Zuck“. Oder Hugo Egon Balder, in dessen Anständige-Bürger-Schreck-Show „Tutti Frutti“ nackte Tatsachen glänzten. Und bei „Der heiße Stuhl“, eine der ersten Krawallo- ‚ Diskussionsrunden im deutschen TV, schlichtete Moderator Ulrich Meyer, schon damals mit betoniertem Seitenscheitel: zwischen dem Vertreter auf dem Stuhl, der eine beliebige Meinung vertrat, und denen, die ihn dafür liebend gerne anmachten.
Magnum
Mit den Frauen hatte er nie lange Glück, seine beiden besten Freunde hatte er – sehr amerikanisch – in Vietnam kennnengelernt. Die beiden Dobermänner des strengen Verwalters Higgins hießen Zeus und Apollo. Und stets teilte Privatdetektiv Thomas Magnum seine Gedanken aus dem Off dem Zuschauer mit. „Ich weiß, was Sie jetzt denken – und Sie haben recht“: Das klang nach reichlich Selbstreflexion, war de facto aber wohlformuliertes Gefasel, um die Zeit zu überbrücken, bis Magnum in seinem roten Ferrari mal wieder irgendwo angekommen war.
Wetten, daß…?
Frank Elstner war ein Mann für Millionen, wie er so freundlich-bieder aus dem Fernseher lächelte. Das Konzept für „Wetten, daß…?“ ist der Coup seines Lebens: Noch heute ist die Sendung die erfolgreichste deutsche Samstagabend-TV-Unterhaltung. Dafür sorgten auch Wetten, die sich einfach ins Hirn frästen. Zum Beispiel der LKW auf vier Biergläsern. Oder der muskelbepackten Kamerad, der Telefonbücher im Akkord zerriß.
Leo’s
Mehr 80er in einem Format ist kaum möglich. Andreas „Leo“ Lukoschik annocierte Sendung für Sendung Plattheiten über vermeintlichen Lifestyle. Höhepunkt: die für die 80er symptomatischen „In & Out-Listen“. War in der einen Woche „Schampus mit O-Saft“ IN, war in der nächsten plötzlich „0-Saft mit Schampus“ OUT.
Die Schwarzwaldklinik
Die Mutter aller Mullbindendramen. Professor Brinkmann gab den menschlichen und fachlich kompetenten Arzt, Schwester Christa holte in Nullkommanix ihr Medizinstudium nach und wurde Frau Doktor. Da waren Oberschwester Hildegard und der Zivi Mischa – und natürlich der latent notgeile Brinkmann junior und seine Doktorspielchen. Die Verquickungen von beruflichem und privatem Personal waren genial, die Grenzen zwischen Glottertal und Lottertal fließend.
Schimanski
Er rülpste, fluchte, bumste und soff: Tatort-Hauptkommissar Horst Schimanski war anders als alle Kriminaler, die das deutsche Fernsehen bis dahin kannte. Reichlich unkonventionelles Ermittlungsgebaren – wozu Schlüssel, wenn man die Tür auch eintreten kann? – und, wenn möglich, einmal pro Satz „scheiße“ nuscheln, und dann diese schmockige Jacke in mausgrau, dazu Cowboystiefel. „Schimmi“ war einfach toll und kam als Beamter in ausgebeulten Jeans wie ein Erdbeben über das Farbfernsehen.