Iggy & The Stooges: Bonn, Museumsplatz
Funhouse 2004: Fick die Nostalgie ins Knie - Iggy and the Stooges wüten in der Gegenwart.
Lassen wir mal das „legendäre Band Reunion“-Gelaber und tun so, als hätten sich Iggy & The Stooges nach der Veröffentlichung von Funhouse 1970 mit der anschließenden Tournee lediglich etwas Zeit gelassen. Denn von Nostalgie kann bei den Vätern des Punk keine Rede sein. Gut besucht, aber nicht ausverkauft ist das Open-Air-Gelände in der Museumszeile, im Publikum werden nicht nur Zigaretten geraucht, eine Anzeigetafel über der Bühne droht die Doors an. „We are the fucking Stooges“, brüllt ein gewohnt quirliger, aber sichtlich gut aufgelegter Iggy Pop zur Begrüßung ins Mikro, „here the fuck we are!“. Dann knallen uns „Loose“ und „Down In The Streets“ um die Ohren, und es ist mehr als nur ein Funke, der da von der Bühne ins Publikum überschlägt. Man tanzt begeistert Pogo zu „1969“, Chorgesang erschallt bei „I Wanna Be Your Dog“. Dank einiger Änderungen in Timing und Arrangement wirken diese Klassiker nicht nur neu, sie sind es tatsächlich. Absolut effizient platziert Ron Asheton, der Altmeister des Brachialriffs, die minimalen Soli samt berüchtigten Wahwah- und Buzzeffekten, Bruder Scott verdrischt vertässlich das Schlagzeug, ex-Minuteman Mike Watt, der Neue im Bunde (Original-Bassist David Alexander starb 1975), benutzt seinen Bass als Maschinengewehr. Iggy Pop tobt in Hochform, springt ins Publikum, lässt sich feiern.
Die Partystimmung ist perfekt, als Iggy bei „Real Cool Time“ etwa 20 Fans auf die Bühne holt, die tanzen und mitgrölen. Nach „No Fun“ aber ist der Spaß vorbei, „1970“ markiert den Wendepunkt des Gigs – der fünfte Stooge, Saxophonist Steven Mackay, erscheint. Mit seinem Original-Instrument aus Funhouse-Tagen verpasst er dem Sound neue Akzente, allerdings längst nicht mehr so frei assoziierend und chaotisch wie damals. Der schmutzig-rohe, hypnotische Proto-Punk erhält durch die jazzigen Einlagen eine chromblitzende, faszinierende Gefährlichkeit, die besonders den Songs von Iggys neuem (leider nicht in dieser Besetzung eingespielten) Album Skull Ring zugute kommt. Nach „Little Electric Chair“ ist die Show zu Ende und das Publikum völlig von den Socken. Es bekommt eine Wahnsinnsversion von „Not Right“ als Zugabe, nochmals „I Wanna Be Your Dog“, dann ist Schluss. Mehr ist auch nicht nötig. Der wütende, juvenile Stooges-Sound klingt heute erwachsen, aber zorniger denn je. Auf das geplante neue Album – so jemals etwas daraus werden sollte – dürfen wir uns freuen.