In Mutter Parkers guter Stube – Eine Begegnung mit Jona Lewie


„Keine Ahnung, wer dieser Jona Lewie eigentlich ist“, schrieben wir in unserer Plattenkritik im letzten ME. Jetzt haben wir’s: „Terry Dactyl And The Dynosaurs“ nannte sich so um ’70 herum eine Gruppe, die mit dem ländlichen „Seaside Shuffle“ in ihrer Heimat England leidlichen Erfolg hatte. Terry hieß in Wirklichkeit Jona Lewie und grinst heute:“Es gab eine deutsche Cover-Version, die hieß „Country Girl“ oder so ähnlich; jedenfalls wurden davon eine Million Platten verkauft.“

Jona Lewie hatte ein Jahr vor dem Examen sein Soziologie-Studium abgebrochen, um Profi zu werden: Er hatte endlich eine Band gefunden, die ihm bei Live-Auftritten Rückendeckung gab. „Diese Solo-Auftritte haben mich zum Nervenbündel, gemacht“, gesteht er. Zwar war er in seinem Element, wenn er in den einschlägigen Clubs seinen Blues ins Piano hauen konnte. Aber auch heute ist er schon wieder so weit, daß er sich vor Live-Auftritten lieber drückt – es sei denn, es ist mal wieder eine Stiff-Tour angesagt.

Allerdings ist er beim „Be-Stiff“-Ausflug ins New Yorker „Bottom Line“ Ende 1978 nicht ganz zum Zuge gekommen. Da er nur einen eigenen Bassisten und einen Drummer dabei hatte, mußte er sich Gitarristen aus den anderen Bands „leihen“, was auf die Dauer frustrierend war, weil sie nie richtig zusammen üben konnten. Dennoch erklärt er:“Für mich war es einfach stimulierend, in New York zu sein!“

Während seiner Studienzeit war Jona schon einmal für drei Monate in die Staaten gegangen, um sein Idol, den alten Blueser Nick Perls, zu besuchen. Damit die Reise nicht so teuer wurde, hatte er sich als Betreuer für Jugendgruppen verpflichtet. „Ich habe kleinen Jungs aus Harlem beigebracht, wie man Häuser aus Sand baut oder wie man middle class wird…“ Sehr erfolgreich schien er damit aber nicht gewesen zu sein, denn die lieben Kleinen warfen mit Messern nach ihm.

Diese Hymne an die europäische Kultur schrieb Jona Lewie übrigens schon im Jahre 1975, kurz bevor er sich von seiner damaligen Schallplattenfirma trennte. Als Jake Rivera, damals noch Stiff s Boß, ihn überredete, dem Alternativ-Stall beizutreten, flippten Kompagnon Dave Robinson und sogar Ian Dury’s Manager Peter Jenner auf diesen Song aus. Aber was half s: die europafeindlichen Briten nahmen kaum Notiz von den idealistischen Gedanken ihres kosmopolitischen Landsmannes. (Die anderen Europäer übrigens auch nicht, pfui!) Nebenbei bemerkt: Falls sich von Euch schon jemand an Jona’s erster Stiff-LP „On The Other Hand There’s A Fist“ vergriffen hat, steht er nun bestimmt vor dem Rätsel, in wessen guten Stube die Cover-Fotos aufgenommen wurden. Ob Ihr’s glaubt oder nicht: Die Mutter von Graham Parker stellte ihren Salon zur Verfügung.

Eine kleine Überraschung noch für alle, die so versessen auf all die Stiff-Gags sind, wie ich: Jona arbeitet derzeit an einer Disco-Version seines Songs „Vous et moi.“