IRON & WINE
Hinter verschlossenen Türen: der wundersame Prog-Folk-Soul von Sam Beam und seinen Iron & Wine.
Es ist schon bemerkenswert, wie sehr sich Sam Beam in einer gar nicht so langen Zeit von seinen Wurzeln entfernt hat und wie er plötzlich diese riesengroßen musikalischen Räume ausmisst. Folk? Folk off! Getragener Zauselklang mit Klampfe ist nicht mehr Maß der Dinge – das wurde doch schon vor gut zwei Jahren sichtbar, als Beam das Berghain bespielte und zeigte, wie gut die beste Anlage der Welt und einer der besten Songwriter ebenjener zusammenpassen. Im Admiralspalast klingt’s in Sachen Akustik nicht ganz so definiert. Aber dafür stimmen die sogenannten Rahmenbedingungen. Es plüscht allerorten, und die gestrengen Saaldiener entfernen außen während des Auftritts die Türklinken, damit niemand störend herumstromert. Für Schwachblasen kompliziert, für den Auftritt ein ausgesprochener Glücksfall, denn der findet tatsächlich im geschlossenen Raum statt. Interessant ist dabei, dass Beam mittlerweile die Fähigkeit besitzt, seine Abende nach Belieben kippen zu lassen, von Songwritertum – ja, er sitzt in der Mitte auch mal drei Songs alleine da – zum Jazz, von der nach Sommerwein schmeckenden Ballade (hervorragend neu arrangiert: die Calexico-Zusammenarbeit „16, Maybe Less“) zu rhythmisierten Funk. The Postal Services „Such Great Highs“ spielt er gemeinsam mit drei Streichern und Rob Burger am Klavier, die restlichen neun (!) Background-Musiker machen Pause. Es dominieren aber die Stücke der beiden Alben KISS EACH OTHER CLEAN (2011) und GHOST ON GHOST (2013). Und es dominiert der Trompeter, dessen Bewegungshaushalt die Waage zwischen albern und spektakulär hält und der es schafft, für einen Ausfallschritt Szenenapplaus einzuheimsen, und das von einem Publikum, das sich mittwochsfaul und mäßig engagiert in die Sessel fläzt.