Ist Fynn Kliemann nun komplett abgedreht?


Fynn Kliemann hat sich mit einer wirren Instagram-Story zu Wort gemeldet: Er sieht sich als Opfer einer Intrige und der „woken linken Szene".

Nachdem die Staatsanwaltschaft Stade in der vorigen Woche ein Ermittlungsverfahren gegen den Mediendesigner, YouTuber, Musiker und Geschäftsmann Fynn Kliemann eingeleitet hat, scheint dieser zusehends die Nerven zu verlieren. Am Sonntag, dem 19. Juni 2022, postete Kliemann eine Instagram-Story, in der er mit hysterischer Stimme und recht wirr über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe spricht. Er und sein „Kliemannsland“ – ein umgestalteter Reiterhof mit Workshopangebot – seien Opfer der „woken linken Szene“ und „wildgewordener Reporter“.

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In dem Selfievideo beklagt sich Fynn Kliemann zunächst darüber, dass die Berichterstattung über seine dubiosen Maskengeschäfte seine Karriere zerstört hätte. Nach „zehn Jahren nonstop Arbeit“ sei nun „alles kaputt“. Die Vorwürfe gegen ihn weist er in ihrer Gesamtheit zurück – wenngleich er auch Fehler gemacht hätte. Für die habe er „Reparationen“ geleistet, ein Begriff aus dem Völkerrecht, der eigentliche finanzielle Ausgleichszahlungen der besiegten Nation an die Siegernation meint. Kliemann meint in dem Video wohl seine angekündigte Spende von 282.000 Euro an NGOS. So viel Geld hatte Kliemann letzten Aussagen zufolge mit Maskengeschäften verdient – obwohl er bis zu den Enthüllungen immer behauptet hatte, dass er mit den über seinen Shop verkauften Masken nichts verdiene.

Fynn Kliemann: Opfer einer Intrige?

Dann schlägt Fynn Kliemann in dem Video einen zunehmend verschwörungstheoretischen Ton an. Er spricht davon, dass „ein wildgewordener Reporter“ es sich zur Aufgabe gemacht hätte, „jede Aussage [… ] jede Äußerung so zu verunstalten, dass du es am Ende warst. Und zwar alles.“ Und weiter sagt er in Richtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: „Ich versteh schon, ihr habt mich mit öffentlichen Geldern groß gemacht, dann habe ich nicht gespurt, und mit genau denselben Geldern soll ich jetzt zerstört werden.“

Kliemann hatte eine Weile die Webserie „Kliemannsland“, die über die Umbauarbeiten auf dem Reiterhof berichtete, für den NDR produziert. Die Zusammenarbeit endete 2020. Damals hat Fynn Kliemann also in der Tat von Geldern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks profitiert. Die Behauptung, der Beitrag des „ZDF Neo Magazin Royale“, der die dubiosen Geschäftspraktiken von Fynn Kliemann aufdeckte, sei ein Resultat davon, dass Kliemann wie auch immer geartet „nicht gespurt“ hätte, erscheint dagegen absurd. Schon alleine deshalb, weil ganz andere Akteure als bei der NDR-Sendung in den Beitrag involviert waren.

Fynn Kliemann sieht sich aber nicht nur als Opfer einer Intrige des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks, sondern auch von einem Teil der „woken linken Szene“, der nicht akzeptieren könnte, dass Menschen bei dem Besuch des „Kliemannslandes“ so sein könnten, wie sie sind, weil dieser Teil der Szene „gar nichts akzeptieren kann“. Der Ausdruck „woke“ beschreibt ein „erwachtes“ Bewusstsein für soziale (Un-)Gerechtigkeit und Rassismus, wird aber vor allem auch von konservativen und rechtspopulistischen Gruppierungen negativ konnotiert.

Pimmel für die Freiheit?

Das „Kliemannsland“ steht generell im Mittelpunkt des Videos. Der Verdacht liegt nahe, dass Fynn Kliemann versucht, einen größeren Schaden von dem Projekt abzuwenden. Auf dem YouTube-Kanal des Projekts wurde parallel zu der Insta-Story von Fynn Kliemann ein Video hochgeladen, indem sich die aktuellen Betreiber von dem YouTuber ein wenig distanzieren –  vor allem aber auch seine Rolle bei dem Aufbau des Projektes würdigen. Eine Protagonistin in dem Video sagt unter Tränen im Bezug auf Fynn Kliemann: „Natürlich stehen wir hinter ihm“.

Kliemann selbst versucht in seiner Insta-Story die Eigenständigkeit des „Kliemannslands“ zu betonen. Dieses hätte absolut gar nichts mit seinen Geschäftspraktiken zu tun und eigentlich auch kaum etwas mit ihm selbst. Das „Kliemannsland“ sei ein Ort gegen „Menschen mit ihren scheiß Zeigfingern, gegen die Vorurteile den ganzen Tag“. Vor allem aber auch ein Ort der Freiheit, wobei Fynn Kliemann ein eigentümliches Freiheitsverständnis besitzen zu scheint, in dem riesige Pimmel eine wichtige Rolle spielen: „Und wenn ich Bock habe einen riesigen Pimmel ins Feld zu sprengen, dann sprenge ich einen riesen Pimmel ins Feld. Und zwar für die Freiheit!“, verkündet der YouTuber in dem Video.

Ungefähr in der Mitte seiner Instagram-Story prophezeit Fynn Kliemann die Headlines zur Berichterstattung zu seinem Statement: „Bringt gerne die Geschichte: Kliemann ist komplett abgedreht“. Und hier erweist sich der YouTuber dann doch erstaunlich treffsicher. Denn der Eindruck, dass Fynn Kliemann ein wenig in eine Parallelwelt abgedriftet ist, zwängt sich nach dem Anschauen des Videos tatsächlich auf.