Jack Bruce – Wie geht’s denn so?


„Die Sache ist die, daß der Kerl fantastisch spielt, eine verdammt gute Band beisammen hat, aber irgendwie fehlt da auch was…“. „Ja, genau, und zwar fehlt ihm. gutes Songmaterial; manchmal ist’s echt gut, aber zeitweise packt er’s nicht so recht mit den Kompositionen.“ Mit dem „Kerl“ war Jack Bruce gemeint, und die sich derart über ihn äußerten, waren Dave Lawson, einst bei Greenslade, und Andy Roberts, früher bei East Of Eden. Beide spielen derzeit in der Roy Harper Band und sind Musiker erster Güte – kompetent also. Auf dem Heimweg, nach dem Konzert der neuen Jack Bruce Band in Düsseldorf, waren wir ins Gespräch gekommen: Dave Lawson gab spaßeshalber Tips, wie man einen VW aufknackt, und Andy Roberts erzählte über die soziale Lage englischer Pädagogen. Über das Jack Bruce-Konzert waren wir uns erfreulicherweise einig.

Knapp fünfhundert Fans, gleichsam der letzte harte Kern der Jack Bruce-Fans, waren ins Konzert gekommen und gerieten angesichts der zweieinviertel ( ! ) Stunden Musik fast aus dem Häuschen. Meistenteils wohl Insider, die Songs wie „You Burned The Tables On Me“ oder „Weird Of Hermiston“ auf Anhieb erkannten und freudig begrüßten. Kein einziger Ruf nach Cream-Songs, obwohl schließlich beim ersten Ton von „Sunshine Of Your Love“ viele kopfstanden. Und Jack Bruce, in den vergangenen Jahren von der Publikumsgunst wahrlich nicht überhäuft, fühlte sich sichtlich wohl: „Ihr seid wirklich ein nettes Publikum, vielen herzlichen Dank“. Das klang ehrlich.

Simon Philips – Drummer mit Zukunft

Die Bruce Band spielte zeitweise atemberaubend. Abgesehen von Jack’s sonorem, von einer Erkältung leicht beeinträchtigtem Gesang und seinen aberteuerlichen Baßlinien, überzeugte Gitarrist Hughie Burns durch kompakte Soli, tupfte Tastenspieler Tony Hymas sensible Akkorde. Beide Musiker arbeiteten bislang vorwiegend als Studiokräfte, der klassisch geschulte Hymas unter anderen mit Albert Hammond und den Hollies. Überragender Künstler des Abends, der zeitweilig sogar Jack Bruce in den Schatten stellte, war nach einhelliger Meinung Schlagzeuger Simon Phillips, erst einundzwanzig Jahre alt und von David Coverdale’s Solo LP „White Snake“ sowie vom Manzanera/Eno-Album „801 Live“ her bekannt. Hatte ich Phillips‘ Spielweise schon bei 801 ohrenschlackernd aufgenommen, so überzeugte er mich an diesem Abend noch mehr. Überaus exakt, unendlich einfallsreich und äußerst flink holt Phillips nicht bloß die rhythmischen, sondern auch die harmonischen Möglichkeiten eines Schlagzeugs locker hervor.Diesem Musiker blüht wirklich große Zukunft.

Jack Bruce-Flashback

Wie aber sieht die Zukunft des fast vierunddreißigjährigen John Simon Asher Bruce aus? Jack, häufig als bester Rockbassist gelobt, ist einer der buntesten Schmetterlinge der gesamten Szene. Es gibt nichts, was er nicht gemacht hätte: Blues bei Alexis Korner und Graham Bond, Stromlinienpop bei Manfred Mann („Pretty Flamingo“) , wiederum Blues mit John MayalT s Bluesbreakers, dann eine legendäre Studiosession mit Stevie Winwood, Eric Clapton, Pete York und Paul Jones unter dem Namen The Powerhouse. Schließlich folgte Cream, mit Clapton und Ginger Baker, wo sich nicht zuletzt Jack weltweite Reputation erspielte. Doch bereits zu Cream-Zeiten produzierte Jack mit Dick Heckstall-Smith, John Hiseman und John McLaughlin das reine Jazz-Album “ Things We Like „, spielte in der Folge in losen Bands mit- etwa bei Mick Taylor, Larry Coryell – und fand sich dann mit McLaughlin und dem Organisten Larry Young (alias Khalid Yasin) in der Band Lifetime, gegründet vom Drummer Tony Williams, wieder. Aus dieser Zeit existiert mit „Turn It Over“ ein fantastisches Jazzrock-Album, voller Explosivität und Energie.

Doch Jack, der rastlose Wanderer, versuchte schon bald anderes. Unter anderem mit Chris Spedding, John Marshall, John Hiseman und Steve Hunter nahm er insgesamt drei Solo-Alben auf: „SongsForA Taylor“ 1969, „Harmony Row“ 1971 und „Out Of The Storm“ Ende 1974. Dazwischen lag noch eine wenig rühmliche Unternehmung namens West, Bruce & Laing, die sich auf Heavy Rock spezialisiert hatte, jedoch am limitierten Spielvermögen der Ex – Mountain- Musiker Leslie West und Corky Laing scheiterte. „Ich wollte damals mal was anderes, simplen Riff Rock spielen. Aber die Leute quatschen immer sofort was von ’neuer Cream‘ , und dann entwickelte die Band sich so, wie ich es mir nicht vorgestellt hatte. Es brachte nichts“. Soweit Jack zu diesem Thema.

How‘ s Tricks-Wie geht’s?

Große Erwartungen weckte schließlich die Jack Bruce Band, Ausgabe 1975, mit Mick Taylor ( g ), Carla Bley (keyb), Bruce Gary (dr) und Ex-Stone The Crows Ronnie Leahy (p). Jack hatte die Jazzerin Carla Bley, die schon mit fast allen Größen ihres Genres zusammen gespielt hat, anläßlich des Rockjazz-Triplealbums. „Escalator Over The Hill“ kennengelernt – die neue Bruce Band sollte diese vorzüglichen Ansätze weiter ausbauen. Doch nach wenigen Konzerten, ohne Plattenaufnahme, brach die Band auseinander. Jack kurz und knapp: „Die Sache lief nicht. “ Mit der momentan aktuellen Bruce Band (die wievielte eigentlich schon?) kehrte Jack zu jener Musik zurück, die ihm anläßlich „Songs For A Taylor“ glänzende Kritiken einbrachte: Teils verzwickte Harmonieabläufe, häufige Tempi-Wechsel und introvertierte Texte, für die Jack‘ s alter Kumpel Pete Brown die Feder schwang. Die Band ist gut, Simon Phillips hervorragend, Jack kraftvoll wie eh und jeh. Das alte Leid mit den Schwächeanfällen des Komponisten Bruce bleibt das einzige Manko. „How ’s Tricks“ „Wie geht’s?“ heißt das neue Album. Vielleicht geht’s demnächst noch besser.