Jack Johnson über das Meer


Ohne das Meer würde Jack Johnson keine Musik machen. Der ehemalige Surfprofi aus Hawaii kennt die spirituellen ebenso wie die tödlichen Kräfte der Wellen und macht sich Sorgen um das Wohlergehen der blauen Weltmacht. Mit Recht.

Herr Johnson, welche Beziehung haben Sie zum Meer?

Jack Johnson Für mich ist das Meer wie eine Kirche, ein spiritueller Ort. Es birgt Geheimnisse. Es ist unüberschaubar und groß. Ein Ort, den ich aufsuche, um einfach nur Spaß zu haben und gleichzeitig eine Art heiliger Stätte. Für mich steht das Meer auch für das Unterbewusstsein: Das tiefer Liegende versteht man nicht.

Was fühlen Sie, wenn Sie am Meer sind?

Ich fühle mich unbedeutend und sehr klein, aber in einer wunderschönen Weise. Ich bin dann mit mir und der Welt im Reinen. Ich erkenne, welche kleine Rolle wir Menschen tatsächlich spielen. Gerade wenn ich bei großen Wellen raus fahre, erinnert mich das daran, wie mächtig die Natur ist. Das Meer hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich habe so viel Zeit – als Kind täglich mehrere Stunden – auf dem Ozean verbracht. Und auch heute versuche ich immer noch, so oft wie möglich aufs Meer zu kommen und schleife meine Familie mit.

Welches sind Ihre Lieblingsplätze am Meer?

Ich habe ein paar Flecken, die ich sehr gerne aufsuche. Aber sie sollen mein Geheimnis bleiben.

Auf Hawaii zu leben, in der Sonne, am Strand, am Meer – diese Vorstellung versprüht ein unheimliches Urlaubsfeeling. Aber Sie müssen dort auch arbeiten und Alben aufnehmen.

Das sind die Bilder, die man im Kopf hat. Aber in Hawaii gibt sich das Meer meist nicht gerade benutzerfreundlich. Die Wellen türmen sich auf, manchmal stürmt es. Es kann ruhig und wunderschön sein, aber auch ziemlich gigantisch und zornig. Manchmal ist die Flucht aus dem Studio ins Meer perfekt, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen: ein bisschen schwimmen und dann zurück und weiter aufnehmen. Das hilft mir, die Balance zu bewahren.

Als ehemaliger Surfprofi sind Sie sowieso im Vorteil. Sie wissen, wie man Spaß und Arbeit miteinander kombiniert.

Stimmt, die Rechnung geht auf. Ich schwimme auch oft in der Früh raus, wenn meine Lieben noch schlafen, und hole mir dabei meine Portion Meer für den Tag. Das macht mich zu einem viel glücklicheren und ausgeglicheneren Vater. Ich bin dann viel besser darin, vollgeschissene Windeln zu wechseln.

Haben Sie ein Lieblingslied über das Meer?

Mir fällt jetzt keines von anderen Leuten ein, aber auf meinem neuen Album TO THE SEA geht mir zurzeit besonders „Only The Ocean“ nahe. Mein Vater starb letztes Jahr. Und immer wenn ich auf dem Meer bin, fühlt es sich so an, als ob ich ihn besuche.

Was hat Ihnen Ihr Vater über das Meer beigebracht?

Alles. Er zeigte mir, wie man segelt, surft und schwimmt. Er hat mich von Anfang an zum Schnorcheln mitgenommen und mir beigebracht, die Fische unter Wasser zu identifizieren und nach Muscheln zu tauchen. Er liebte das Segeln. Er hat mir alles beigebracht, was ich über das Meer weiß.

Und jetzt machen Sie dasselbe mit Ihren Kindern …

Genau. So setzt sich der Kreislauf fort.

Mit 17 Jahren hatten Sie einen schlimmen Unfall beim Surfen. Haben Sie manchmal noch Angst vor dem Ozean?

Nein, nicht so sehr. Meine Freunde und ich sind jede Welle gefahren und haben fast jedes Mal unser Leben aufs Spiel gesetzt. Wir waren jung und einfach noch ein bisschen dumm. Ich weiß, wann ich lieber nicht rausfahre.

Sie sind nicht mehr auf der Suche nach der perfekten Killer-Welle?

Nein, die großen Wellen reizen mich nicht mehr. Das lasse ich jetzt andere machen. Ich stehe auch nicht so sehr auf das Tow-in-Surfen, bei dem sie dich mit einem Jet-Ski in die Welle hineinziehen. Manche Wellen kriegst du nur so. Ich mag Wellen, in die man noch hinein paddeln kann.

Hat Ihnen das Meer noch andere Lektionen erteilt?

Es hat mir eine große Menge Respekt für alles um mich herum vermittelt. Es weckte mein Interesse für die Natur und die Meereslebewesen. So hat alles angefangen: Ich habe viel über Wasserscheiden gelernt und darüber, wie Sachen ins Meer gelangen. Wir haben angefangen, Charity-Gruppen zu unterstützen, die Flüsse und ihre Wassereinzugsgebiete bis weit stromaufwärts schützen. Bis dahin dachte ich immer, es geht nur darum, die Mündungen sauber zu halten.

Glauben Sie, wir lernen jemals, verantwortungsbewusst mit dem Meer und der Natur umzugehen?

Ich weiß es nicht. Vielleicht auf die harte Tour, die wir ja gerade durchmachen.

Die Ölpest im Golf von Mexiko …

Das ist so abscheulich. Ich hoffe, dass das jetzt der Tiefpunkt ist, und die Menschen lernen, es in Zukunft anders zu machen. Wir haben die Verbindung zur Natur verloren. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass wir sie wieder zurückgewinnen. Schwer zu sagen. In einem Moment meinst du, wir kommen voran, im nächsten realisierst du, wie weit wir noch zu gehen haben. Dennoch dürfen wir nicht zu pessimistisch sein: Nur ein kleiner Kreis von Menschen fasst diese Beschlüsse und vergibt die Förderlizenzen und dann passiert so etwas Schreckliches, was dich den Glauben an die Menschheit verlieren lässt. Dabei sind es nur eine Handvoll an der Spitze, die für diese dubiose Aktionen verantwortlich sind. Wir dürfen nicht den Glauben an die Menschen verlieren.

www.jackjohnsonmusic.com

Der Singalong-Songwriter Jack Hody Johnson erblickte am 18. Mai 1975 das Licht der Welt. Als er fünf Jahre alt war, brachte ihm sein Vater Jeff das Surfen bei. Mit 17 Jahren war er der jüngste Endrundenteilnehmer bei den „Pipeline Masters“, einem renommierten Surf-Turnier. Noch vor dem Highschool-Abschluss nahm ihn der Outdoor-Hersteller Quiksilver unter Vertrag. Nach einem schweren Unfall verlegte sich der Hawaiianer aufs Filmemachen (er drehte unter anderem den Surf-Dokumentation „Thicker Than Water“) sowie – viel erfolgreicher – aufs Liedermachen. Bislang hat er fünf Studioalben und einen Soundtrack aufgenommen.