James Brown: Groove auf Bewährung
Tüten klebt er schon nicht mehr. Aus dem Gröbsten ist der Godfather of Soul inzwischen nämlich heraus. Als Musterhäftling arbeitet James Brown für sozial schwache Brüder und Schwestern jenseits der Gitterstäbe. Und schwingt bereits wieder große Reden.
Wir erinnern uns: Im Dezember 1988 wird der damals 60jährige James Brown vom Gericht des Bundesstaates South Carolina zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Gründe: unerlaubter Waffenbesitz während einer öffentlichen Veranstaltung. Beamtenbeleidigung. Widerstand gegen die Staatsgewalt und Steuern eines Fahrzeugs unter Drogeneinfluß bei einer ausgiebigen und abenteuerlichen Verfolgungsjagd, als Brown in einem Pick-Up Truck bis zur Landesgrenze flieht und dort schließlich verhaftet wird. Schon damals lastet auf Brown eine Bewährungsstrafe wegen Beamtenbeleidigung und einer Schlägerei mit der Polizei. Amerikas Soul-Legende wandert hinter Gitter.
Eineinhalb Jahre später sieht Brown nicht mehr unbedingt wie der Prototyp des inhaftierten Wiederholungstäters aus: Im maßgeschneiderten grauen Anzug mit Seidenhemd. Krawatte und schwerem Diamantring am Finger residiert der Godfather in einem Büro der hiesigen Gemeinde-Initiative „Community Action“, eine gemeinnützige Vereinigung, die sich vor allem um die Belange sozial schwacher und alter Menschen kümmern will. Mehr die Personifikation eines Südstaatenpredigers als die eines Superstars, erklärt Brown sein geläutertes Ethos: „Hier im Büro telefoniere ich, spreche mit Leuten, lese Briefe und habe Zeit, mich voll und ganz in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Draußen hatte ich dazu nie ausreichend die Gelegenheit.“
Obwohl Brown durch seine Teilnahme an diesem Bewährungsprogramm eine Menge Freiheiten genießt – wie eben jene, tagsüber außerhalb der Gefängnismauern in seinem Büro arbeiten zu dürfen – steht er immer noch unter ständiger Bewachung. Erst nach drei Monaten guter Führung im Testprogramm darf er auf eine eigene Wohnung hoffen, seine Bewährungsfrist dauert noch fast zwei Jahre.
Der schwarze Schwerenöter bemüht sich indes heftig. Vorbildlichkeit zu demonstrieren, hält Vorträge in Schulen und Gemeindeversammlungen und besinnt sich auf seinen Idealismus: „Ich kümmere mich um die Leute, ich denke nach. Ich habe das mein ganzes Leben eetan, für die Leute einzutreten, die keine Rechte haben. Menschen, die in Ghettos leben, haben hierzulande keine Rechte. Die Leute können sich kein Gehör verschaffen, also brauchen sie jemanden, der für sie spricht. Ich komme selber aus miesen Verhältnissen und weiß, wie schwer es war, in einem Land hochzukommen, in dem man Menschen wie uns lieber mit Füßen tritt.“
Auch hinter Gittern immer noch obenauf, liegt für einen James Brown natürlich nichts näher, als für seine Schäfchen nicht nur zu sprechen, sondern auch zu singen. Doch da macht dem Noch-Häftling bislang die Justiz einen Strich durch die wohltätige Rechnung: „Es wäre inkonsequent, ihn jetzt, wo er für die Community Action arbeitet, plötzlich auftreten zu lassen. Es ist ein beabsichtige Teil einer Gefängnisstrafe, persönliche Freiheiten der Inhaftierten einzuschränken und sie vor allem aus jeglichen kommerziellen Aktivitäten auszugrenzen. Das gilt für Börsenmakler und Bankiers, und das gilt genauso für Rockstars“,
heißt die offizielle Erklärung des Justizministeriums zu einem geplanten Benefiz-Konzert für die Community Action. Sieht ganz so aus, als müßte die Welt noch ein Weilchen warten, bis der Godfather seine Seele wieder der Musik verschreiben darf.
Als Trost zur Überbrückung: Das musikalische Selbstbewußtsein des prominenten Häftlings strotzt auch unter dem Seelentröstermantel so großkotzig wie eh und je: „Ich war meiner Zeit immer 25 Jahre voraus, jetzt kann ich mich zurücklehnen und darüber lachen, wie die anderen sich abmühen – es ist so lange her, daß ich all das selber gemacht habe. Ich muß einfach lachen, weil alles, was ich heute in der Musikszene sehe und höre, schon immer meine Basis war. Wenn ich heute Rap höre, bewundere ich vieles, was die Jungs machen, aber ich wünschte mir, sie hätten es vor 20 Jahren gemacht. Dann müßte ich nicht rumsitzen und warten, bis sie mich einholen. „