James Brown, München, Sheraton
Den Duft der großen weiten Welt wollten sie schnuppern, die 700 Sidewinders im Plastic-Fantastic-Ballsaaldes Münchner Sheraton-Hotels. Für Ungediente: Sidewinder ist eine US-Flugabwehrrakete, die ihr Ziel an dessen Wärme erkennt und es mit tödlicher Sicherheit herunterholt. Sidewinders sind jene C&A-Schtckis, die. unzufrieden ob ihrer Zugehörigkeit zur Amateur-Liga, sich an den Chanel-Dunstnebel der echten Prominenten hängen, um die V.l.P.s mit tödlicher Sicherheit auf den nüchternen Boden der Tschibo-Rolex-Existenz herunterzuholen. Und sie wollten etwas geboten bekommen für jene 150 Mark, die sie pro Ticket hingelegt hatten. „Kaltes und warmes Büffel im Preis inbegriffen“ stand auf der Karte, und die Sidewinders gaben sich redliche Mühe, den verkochten Lammrücken, die triib-wässrigen Krabben, die außenn-saflig-iimen-knusprig Hühnerteile und die matschigen Salate in Rekordzeit abzuräumen, immer bemüht, einen auf Gourmet zu machen und trotzdem den Otto-Versand-Blümchenfummel nicht zu verkleckern. Schade um die 150 Eier, denn die wahren Promis hatten den Sidewinder-Angriff geahnt und waren in ihren Stellungen geblieben. Nur die unvermeidlichen Boulevard-Größen (Ochsenknecht. Driest. Brandauer. Schöner und die Thurn & Taxis-Gana) waren zu bewundern. Und dann mußten die Herrschaften sogar noch diesen verschwitzten Neger auf der Bühne ertragen… Schade aber vor allem um die wahren Soul-Freunde, denn diesen James Brown wird man wahrscheinlich nie wieder erleben: Im Gegensatz zu den kraftlosen Gigs im letzten Jahr hatte er diesmal wohl einen Schwärm Funk-Hummeln im (immer noch knackigen) Hintern. Einzig auf den Spagat verzichtete der 59jährige Schokonegel, sonst brachte er alles, was ihn zum „hardesi working man in showbiz“ hat werden lassen: rasante Tanz-Einlagen, krächzenden Power-Gesang, bei den Schmusern aber auch einen Kraft-Schmelz, wie man ihn seit Jahren nicht mehr von JB gehört hat. Keine Pause zwischen den Strophen, ßrown sprintet an die Keyboards für ein höllenschnelles Orgelsolo und gibt seiner hervorragenden Band sogar eine Nummer lang am Schlagzeug den Groove an. Dieser James Brown ist immer noch der unangetastete Godfather of Soul. Am Schluß, bei „Sex Machine“, stehen die Sidewinders sogar auf. wippen vorsichtig mit, immer der Schwitzfleck-Gefahr bewußt — und Brown befördert, nicht ohne Hintersinn, die Fürsten Glo- s ria & Johannes in einen höheren Adels- -£ Stand: „Thankyou, xou wonderfulPrince o and Princess!“.