Jesus Christ Superstar


Die letzten Tage aus dem Leben von Jesus Christ behandelt das viel diskutierte Werk „Jesus Christ Superstar“. Andrew Lloyd Webber (Musik) und Tim Rice (Text) brauchten 18 Monate, um sich mit dem dramatischen Geschehen am Anfang unserer Zeitrechnung auseinanderzusetzen und die gigantische Rock-Oper zu vollenden. Jesus Christ Superstar eröffnet neue Perspektiven. Sinn der Oper ist es, die letzten Tage von Jesus so darzustellen, wie es nach Ansicht der Komponisten wirklich gewesen ist. Dabei ist die Figur des Judas, dargestellt von Murray Head, Mittelpunkt des Geschehens. Es soll versucht werden, die Taten des Judas Ischariot verständlich zu machen, aufzuzeigen, dass er gar nicht anders handeln konnte. Unzweifelhaft ist Judas in der Bibel schlecht behandelt worden, das sagen jedenfalls Andrew Lloyd Webber und Tim Rice, die Komponisten. In ihrer widerspruchvollen Rock-Oper versuchen sie, diese Tatsache zu korrigieren. Texter, Tim Rice, meint: Mit Judas identifizieren wir jedermann in der Oper. So, wie jeder intelligente Mensch wünscht Judas zu wissen, warum er existiert und warum er sich mit all den Plagen seines Lebens herumschlagen muss. Die Lebensumstände des Judas waren besonders dramatisch und die Art, wie er darauf reagierte, hatte weitreichende Rückwirkungen, Judas hätte jedermann sein können. Er war sicher nicht das Musterbeispiel eines bösen Menschen, so wie ihn die Heilige Schrift darstellt. Ich glaube, dass die Bibel nie versucht hat, Judas objektiv darzustellen. Immer, wenn von ihm die Rede ist, benutzt die Bibel abwertende Worte. Ich habe versucht, ihm da etwas zu helfen. Der Musiker, Andrew Lloyd Webber, beschreibt den Judas als Jemanden, der hin- und hergerissen wird zwischen praktischen Überlegungen auf der einen Seite und dem starken Charakter des Jesus Christus auf der anderen Seite. Mit diesen Augen gesehen, so sagt Andrew Lloyd Webber, fühle ich, wird die Geschichte viel menschlicher. Ihre Arbeit begannen sie vor zwei Jahren. Es hat viele Meinungsverschiedenheiten und lange Diskussionen mit rauchenden Köpfen gegeben bis man sich über die Grundlage der Oper einig war. Es musste entschieden werden, welche Ereignisse mit in die Oper übernommen würden. Darüber haben sich natürlich die Gemüter am meisten erhitzt. Man einigte sich schliesslich auf die letzten sieben Tage im Leben Jesu. Aber der Komponist und der Texter sind sich jetzt auch noch nicht einig, denn bei diesem Komplex gibt es so viele Fragen und vor allen Dingen werden durch die Materie eine Menge von Fragen aufgeworfen, dass es wirklich schwierig ist, die optimal interessantesten Sachen zu vertexten und zu vertonen. Andrew Lloyd Webber hätte gerne noch die Auferstehung mit eingeschlossen, jedoch hätte sich das kaum gelohnt. Es ist gerade über dieses Thema viel diskutiert worden, ebenso wie man die Oper hätte mit der Kreuzigung enden lassen können. Aber Andrew Lloyd Webber und Time Rice bringen auch noch die Szene im Garten beim Grabe Jesus. Die Botschaft am Ende ist daher eine Botschaft der Hoffnung und nicht der Verzweiflung und der Endgültigkeit der Kreuzigung. Andrew Lloyd Webber ist nicht besonders religiös insoweit, als dass er glaubt, dass es eine Macht ausserhalb dieser Welt gibt, die unsere Ereignisse beeinflusst. „Wo Religion eine Kraft des Guten ist, da ist sie wirklich gut“, meint er. Tim Rice ist auch kein eifriger Kirchgänger. Er sieht nur immer bei Hochzeiten die Kirche von innen. Er sagt, ich weiss nicht einmal, ob Jesus Christus wirklich der grösste Star, der Superstar gewesen ist. Wahrscheinlich ist Buddha ein ebenso grosser Star, wenn es darauf ankommt. Die Geschichte Jesu hat auch heute noch einen Sinn, aber ich glaube nicht, dass Christus Gott ist. Tatsächlich gibt auch die Bibel keinen Hinweis darauf, dass Christus glaubte, er sei Gott. Unzweifelhaft hat er jedoch einen grösseren Einfluss auf die Menschen gehabt, als irgend ein anderer, der je gelebt hat, einen Einfluss von kolossalem Umfang. Er war ein faszinierender Mann. Andrew Lloyd Webber, der die Musik für Superstar schrieb, wurde am 22. 3.1948 in London geboren. Er stammt aus einer sehr musikalischen Familie (sein Vater ist ein bekannter Komponist und Musiker, sowie Direktor des London College of Music). Andy hatte seine erste Komposition veröffentlicht, als er 9 Jahre alt war. Er gewann ein Stipendium der Königin für die Westminster School und einen Wettbewerb in Geschichte, der ihn nach Oxford brachte. Nach einem Semester verliess er Oxford, um Musik zu studieren, dann trat er in das Royal College of Music ein. Andy hat Schallplatten für verschiedene Gesellschaften arrangiert und dirigiert.

Tim Rice, Songtexter, wurde am 10.11. 1944 in Amersham Buckinghamsire geboren. Er besuchte zwei sehr religiöse Schulen, eine davon in Japan, wo sein Vater ein Jahr lang arbeitete. Auf dem Lancing College in Sussex war Rice mehr an dem Singen mit einer Rockgruppe interessiert. Dann arbeitete er als Tankwart, um Geld zu verdienen und studierte dann zwei Jahre erfolglos Jura. 1966 begann er als Assistent eines Aufnahmeleiters. 1969 gründete Tim seine eigene Produktionsgesellschaft zusammen mit Andrew Lloyd Webber.

Nach Pretty Things „S. F. Sarrow“ und Who’s „Tommy“ ist Jesus Christ Superstar nun schon die dritte Generation von Rock-Opern, die von sich reden machen. Nur mit dem Unterschied, dass es sich bei der letztgenannten um eine zusammen hängende, in sich geschlossene Story handelt. Durch ein einmaliges Zusammenspiel von klassischer Musikbehandlung und zeitgenössischen Musikinterpretationen gewinnt die Rock-Oper ein grosses Mass an Harmonie. Die beiden LP’s, die eine Gesamtlaufzeit von fast 88 Minuten haben, lassen einem diese beinahe 1 1/2 Stunden Musik niemals lang vorkommen. Durch ein Textheft, das zur besseren Verständigung dem Gesamtwerk beiliegt, wird man unmittelbar in das Geschehen mit einbezogen. Man hat nach Anhören dieser Rock-Oper seine Meinung geändert und man tut gut daran, die Bibel mal wieder durchzulesen. Tim Rice hat mit seinen Texten das Bewusstsein der Zuhörer dahingehend verändert, dass die Konstellation der Figuren in der Geschichte und die Begebenheiten ohne weiteres auf unsere heutige Zeit anwendbar sind. Durch zeitgenössische Musik wird dieser Punkt noch stärker fixiert. Es sind nicht weniger als 38 Mann, die das rockende Ensemble darstellen und ein 83 Mann starkes Sinfonieorchester sorgt dafür, dass die Klassik nicht zu kurz kommt. Drei Chöre mit jeweils 12 Stimmen runden das Bild, was man sich im allgemeinen von einer Oper macht, harmonisch ab. Ohne Zweifel ist die Titelfigur nicht Jesus Christ, dargestellt von lan Gillan (Deep Purple), sondern Judas Ischariot, Murray Head. Wie schon am Anfang erwähnt, hat man dem Judas etwas geholfen und das bestärkt naturgemäss seine gesanglichen Darbietungen Grössten Eindruck hinterlässt er, wenn er mit Annas und Kaipfas zusammen ist und schliesslich Jesus verrät. Aus Motiven, die ihm anfänglich geklärt erscheinen, jedoch in seiner letzten Szene unklarer als je zuvor sind. Mit einem Feeling etwas auszudrücken, was auf dieser LP jedem Sänger gelingt, macht er letzten Endes Jesus für seine Taten verantwortlich. Das gute an der Platte ist, dass sie. sowie ich es beurteilen kann, sehr echt klingt, lan Gillan als Jesus ist sehr überzeugend, auch wenn er manchmal Partituren, die eigentlich nicht nach seinem Geschmack sind, singen muss. Man hat auf dieser LP Sinfonie und Rock zu einer Einheit verschmolzen. Das wird besonders deutlich in der Tempelszene, die musikalisch die Hektik und das Durcheinander, das damals unter den Händlern und Geldwechslern geherrscht hat, wiedergibt. Man steigert die Szene durch das Sinfonieorchester auf einen Höhepunkt in den dann lan Gillan hineinplatzt, kraftvoll und voller Wut den Händlern klar macht, dass es sich eigentlich um ein Haus Gottes handelt, was sie da beschmutzen mit ihren Geschäften. Fürwahr, eine LP, die schon aufgrund ihres besonderen musikalischen Status in keiner Schallplattensammlung fehlen darf. Es wird Leute geben, die von dieser Platte schockiert sind. Ich bitte, diese, sich die LP nochmals anzuhören und nachzudenken. Es ist ein verzweifelter Schrei: Wer bist Du, Jesus? Eine drängende und echte Frage zugleich. Es ist Sache des Zuhörers, die richtige Antwort zu finden.