Joe Jackson – London, Dominion Theatre


Ich hatte mir von diesem Konzert nicht allzuviel versprochen. Jacksons neues Album NIGHT AND DAY war wenig überzeugend, fand ich. Weit entfernt von seinen frühen Sachen, von den schnodderigen streetpoems; entfernt aber auch von seinem letztjährigen, sehr witzigen Ausflug in den Swing JUMPIN‘ JIVE. Dagegen NIGHT AND DAY – gute Songs natürlich, der Mann kann ja schreiben, aber sonst: amerikanischer Mainstream, überproduziert, ohne Biß. Genau das, New Yorker Präzisonsarbeit mit Jumpin‘ Joe’s englischer Rauhbeinigkeit, hatte ich von diesem Konzert erwartet.

Ich wurde nachdrücklich und angenehm enttäuscht. Jackson begann mit zwei seiner Klassiker, .Three’s A Crowd“ und „On The Radio“, ein donnerndes, wohlkalkuliertes Intro, das die Hälfte der Zuschauer vorn an die Bühne trieb, viele andere in die Höhe und die guterzogenen Ordner zurück ins Foyer.

„Wir sind furchtbar nervös“, rief Joe, als wolle er die Leute in die Sitze zurücktreiben. Es war tatsächlich sein erster Auftritt mit neuer Band, und bei den folgenden beiden, ohnehin nicht sonderlich starken Stücken „Cancer“ und „Chinatown“, wirkten Joe und seine fünf Mitspieler tatsächlich etwas fahrig und unzusammenhängend.

Das hörte dann aber, und zwar endgültig, auf mit „Fools In Love“. In der ersten Hälfte des insgesamt fast dreistündigen Programms brachte die Jackson-Band vorwiegend ältere Nummern: „Sunday Papers“, „Beat Crazy“, eine witzige a-capella-Variante von „Is She Really Going Out With Hirn“ eine wahnwitzige Version von „Tuxedo Junction“. Jacksons neues Soundkonzept – mehrere Keyboards, viel Percussion, Schlagzeug, Baß (sehr gut: Graham Maby) – verwandelte jeden dieser Songs und erschaffte ihn neu. Latino, Salsa, Funk-Jazz, Rock schmolzen zusammen. Das ging unheimlich in die Beine, und das dröge Dominion Theatre erlebte eine gewaltige Metamorphose, wurde – vor allem in der zweiten Hälfte des Konzertes – zum Tanzsaal, zum Riesen-Nightclub. Jacksons Songs vibrierten und schufen eine Swing-Atmosphäre, der nichts Nostalgisches anhaftete, die ganz ’82 war. Als Zugabe gab’s Motown, ein bißchen zerdehnt zwar und… ach zum Teufel mit kleinlicher Kritik! Es war ein großer Abend für Joe Jackson.