John Peel *30. August 1939 Tot 25. Oktober 2004


„Wenn ich an meine Hörer denke, sehe ich einen Jungen irgendwo auf dem Land, der glaubt, er sei der einzige, der bestimmte Dinge mag. Für den spiele ich meine Sachen. Ich muss dabei nicht viel reden.Vor einem Stück sage ich, von wem es ist und wie es heißt. Das ist alles, mehr muss der Hörer nicht wissen, damit er spürt, dass er nicht alleine ist.“ So beschrieb John Robert Parker Ravenscroft einmal gegenüber dem „Spiegel“ seine Arbeitsmethode als DJ. Das Pseudonym „John Peel“ erhielt er in den 6oern beim Piratensender „Radio London“. Da versorgte er seine Heimat von einem Schiff aus, das in internationalen Gewässern ankerte, mit aktueller Musik, die der staatliche Rundfunk den Hörern (noch) nicht zumuten wollte. 1967 wechselte Peel zu BBC Radio 1 und erhielt einen auf sechs Monate begrenzten Zeitvertrag. Aus dem halben Jahr wurden 37 Jahre.

In fast vier Jahrzehnten hat John Peel in seinen Sendungen hunderte von Bands entdeckt, gefördert, popularisiert, zum ersten Mal im Radio gespielt: darunter Grateful Dead, The Velvet Underground, Pink Floyd, T. Rex, Roxy Music, David Bowie, Pulp, The Undertones, Sex Pistols, The Smiths, The Fall, New Order, Nirvana, Blur. Peel war die Geschmacksinstanz in der populären Musik. Was er in seinen Sendungen heute auflegte, war der „hotshit“v-m morgen. Sein Wille war Gesetz und seine Arbeitsweise ungewöhnlich für einen DJ beim staatlichen Rundfunk: In Sendungen wie „Top Gear“ spielte er die Songs aus. Er quatschte ni’c/it hinein und darüberund dazwischen. Ein alter Blues aus den 20er Jahren konnte einem Death-Metal-Stück folgen, deutscher Frickeltechno einem russischen Volkslied. Und – wie heißt es so schön – der Erfolg hat ihm Recht gegeben. Zuletzt hatten Peels Radio-Shows den höchsten Anteil von unter 16-jährigen Hörern bei der gesamten BBC. Ein 65-Jähriger trotzte allen Zielgruppenerhebungen, Quotendiskussionen, MTV-Kaspereien, Gleichschaltungsmechanismen der Branchen-Entscheider und vor allem der scheinbar unabwendbaren Verbindung von Alter und Altrock. Das ungeschriebene Gesetz, Menschen über 30 – sofern sie sich überhaupt noch damit beschäftigen – hören in nostalgischer Verklärtheit nur alte Musik, die sie schon kennen, oder neue Musik, die so klingt wie die, die sie schon kennen, hatte in seiner Welt keine Gültigkeit. Er spielte als erster Punk, HipHop, Techno und Drum’n’Bass im Radio. „Ich kann verstehen, dass die Leute in unsicheren Zeiten nach Stabilität suchen „, wurde er im September von der „Zeit“ zitiert. „Wenn sie die im Mainstream der Popkultur finden, ist das für sie sicherlich besser alsnichts.“

Der Mainstream-Pop war seine Sache nicht, sondern die unaufhörliche Suche nach Neuem, Aufregendem, Ungewöhnlichen. Denn mit der Musik verhalte es sich so ähnlich wie mit einer Tageszeitung, da wolle man ja auch eher die aktuelle Ausgabe lesen und nicht die von vorgestern.

Die legendären „Sessions“, die seinen Namen trugen, wurden aus der Not geboren. Bis 1988 schrieb die britische Musikergewerkschaft den Radiostationen den Anteil an maximal zu sendenden Alben-Tracks vor. Um die sinnfreie Regelung zu umgehen, lud Peel Bands ein, ließ sie live im BBC-Studio unveröffentlichte Stücke und alternative Versionen ihrer Songs einspielen, die später gesendet wurden. Neben hunderten anderen waren Jimi Hendrix, Syd Barrett, The Cure, Nirvana und die Smashing Pumpkins Teil der „Peel Sessions“.

Den Beginn seinerMusikleidenschaft machte Peel an dem Moment fest, an dem erzürn erstenmal Elvis Presleys „Heartbreak Hotel“ gehört hatte. Als Elvis aus dem Radio sang, hat es „klick“ gemacht bei dem jungen John. „Heartbreak Hotel“ hatte ihn gepackt, damals in den 50 Jahren; der Song ließ ihn nie mehr los. Aus John Robert Parker Ravenscroft wurde der liebenswürdige Musikbesessene, der freundliche Maniac, der im Alter von 65 Jahren immer noch ein Junge war, „irgendwo aufdem Land, der glaubt, er sei der einzige, der bestimmte Dinge mag“. In seinem Haus in Suffolk und in diversen Schuppen im Garten lagerte er hunderttausende von Platten – ein verrückter Jäger und Plattensammler ist er gewesen, so irrational, so kindisch, so bar jeder Vernunft, so herrlich sympathisch. Zuletzt schrieb John Peel an seiner Autobiografie, für die er von einem britischen Verlag einen Vorschuss in Höhe von 2,2 Millionen Euro erhalten hatte. Der größte, wichtigste, einflussreichste und bedeutendste Radio-DJ aller Zeiten, das ,gottgleiche Genie“ („New Musical Express“) starb am 25. Oktober auf einem Arbeitsurlaub in Lima, Peru, an einem Herzinfarkt. albert koch >»www.bbc.co.uk/alt/johnpeel

ZAHLEN BITTE!

17,8 Millionen Downloads verzeichnete iTunes im Oktober-65% mehr als im Mai. Apple-Chef Steve Jobs geht“.davon aus. dass sich dos so fortsetzt . Das hielte, dass die Zahl in zehn Jahren bei 650 Milliarden liegt…

24 Jahre lang galten die Texte, die Bono für U2s Album october geschrieben hatte (und dann noch mal neu schreiben musste), als verloren: Die Mappe war bei einem Konzert in Portland, Oregon, gestohlen worden. Nun hat Bono sie wieder: Die 44-jährige Cindy Harris hatte sie 1981 beim Einzug im Speicher ihres Mietshauses gefunden, ohne zu wissen, was sie da in der Hand hielt. Ihrer Freundin Danielle Rheaume gelang es nun endlich, die Band zu kontaktieren und die Rückgabe in die Wege zu leiten.

„Ein sehr lebendiges Set“ (so ein Augenzeuge) spielte Pete Doherty mit seiner Band Babyshambles im Londoner Groucho Club: Nachdem der Libertines-Exilant (der verlauten ließ, er wolle unbedingt mit seinen alten Freunden eine Weihnachtssingle aufnehmen „auch wenn ich Carl (Barät) kidnappen mussl“) eine (angeblich) 100.000 Pfund werte Metallskulptur von der Decke gerissen und in Trümmer geschlagen hatte, erhielt er lebenslanges Hausverbot.

Größer ist der Schaden, den Lenny Kravitz anrichtete, indem er die Toilette seines Penthouses in Manhattan offenbar über längere Zeit als Sperrmüllcontainer missbrauchte: Der verstopfte Abtritt floss über, in das darunterliegende Apartment des Geschäftsmannes Joel Disend ergoss sich eine Flut von Unsäglichem. Die Versicherung, die den Schaden ersetzte, fordert jetzt von dem „rücksichtslosen und nachlässigen“ Kravitz 333. 849,77 Dollar zurück.

Ebenfalls sein Geld zurück möchte Jeffrey Cameron, Geschäftspartner von Creed-Frontmann Scott Stapp, der laut eigener Aussage 60.000 Dollar für Stapps Behandlung durch einen zwielichtigen Drogenarzt in Beverly Hills namens David Kipper vorgestreckt hat. Zu dessen Klienten gehörte einst Ozzy Osbourne, der Klage einreichte, weil er 650.000 Dollar dafür bezahlen musste, dass ihn der „Entgiftungsspezialist“ mit süchtigmachenden Antipsychotika vollpumpte.

Verklagt werden auch die White Stripes – wegen ihres Debütalbums von 1999: Ein gewisser James Diamond behauptet, die Platte co-produziertund „künstlerische Beiträge undVorschläge“ geliefert zu haben, und möchte dafür nun Tantiemen kassieren. Das Management erklärte, die Band werde sich „mit allen Mitteln und erfolgreich verteidigen“.

Weil er nicht für ein Unternehmen arbeiten möchte, das in seinen Vertragslaboren Hunde und Katzen quält, lehnte Goldfinger-Sänger John Feldmann ein Angebot von Procter & Gamble ab, für einen fünfstelligen Dollarbetrag einen Song für einen Reklamespot für „Iams“-Tierfutter zu schreiben. „Es macht mich krank, zu wissen, dass dort Hunden die Stimmbänder durchgeschnitten werden, damit sie ihr Elend nicht kundtun können „, sagte Feldmann. „Ichfrage mich, was die mit unzufriedenen menschlichen Mitarbeitern machen ihnen die Zunge rausschneiden?“

Seine Stimme operativ verändert hat Elton John schon 1987, wie er jetzt verriet: Nach seiner kurzen Ehe habe er damals soviel Marihuana geraucht, dass er seine Stimmbänder beschneiden lassen musste – und nun besser klingt als zuvor: „Meine Stimme ist tiefer, kräftiger, hat mehr Resonanz. Zuvor war ich ein Pianist, der sang, jetzt bin ich ein Sänger, der Piano spielt.“

An seinen künstlerischen Mitteln gearbeitet hat auch John Lydon alias Johnny Rotten: Als er sich für eine neue Fernsehshow mit dem verheißungsvollen Titel „Shark Attack“ in einem Tauchkäfig bei Kapstadtim Meer versenken ließ, wurde er umgehend von einem Weißen Hai angegriffen – der allerdings die Flucht ergriff, als er das Gesicht der Punk-Ikone erkannte. „Es war eine ziemlich fesselnde Situation, als sich John und der Hai anstarrten „, sagte ein Zeuge von Channel Five, „aber der Hai schien mehr Angstzu haben.“

Nach dem Kinohit „Fluch der Karibik“ waren sich die Kritiker einig, Johnny Depp sehe in der Hauptrolle aus „wie der Sohn von Keith Richards“. Nun steht die Fortsetzung zum Dreh an, und siehe da: Den Vater des Piraten Johnny Depp spielt-Keith Richards. Weil ihr neues Album erst im März 2005 erscheinen soll, nahmen Queens Of The Stone Age noch schnell zwei neue Songs für die eigentlich fertige Platte auf.

„Die Songs kamen einfach so, und die Band wollte sie nichtfür später auflieben „, teilte ein Queens-Vertrauter mit. „Bis März zu warten ist lange genug.“ Berichtet wird von einem privaten und freundschaftlichen Treffen zwischen Sänger Josh Homme und seinem Ex-Queens-Kollegen Nick Oliveri (denerim Februar aus der Band geworfen hatte): Nach dem Auftritt von Joshs neuer Band Eagles Of Death Metalin Silverlake hätten die beiden den Rest des Abends gemeinsam an der Bar verbracht und .geplaudert, gelacht und sich umarmt wie alte Freunde“.

The Tears heißt die neue Band von Brett Anderson und Bernard Butler, deren erstes Album im Frühjahr in den Läden stehen soll (mit Bassist Nathan Fisher und Mako Sakamoto am Schlagzeug). Der Name ist eine Anspielung auf Philip Larkins Gedicht „Femmes Damnees“, das mit der Zeile endet: „The only sound heard isthesoundoftears.“ ‚Es sei „unglaublich inspirierend“, wieder zusammenzuarbeiten, sagten die Ex-Suede-Kollegen in ihrem ersten gemeinsamen Interview seit zehn Jahren; allerdings hätten sie nicht vor, „auch gemeinsam zum Bowling zu gehen“.

Mit ruppigen Sicherheitskräften legte sich Morrissey in der New Yorker Radio Music City Hall an: Nachdem während der Zugabe, dem Smiths-Klassiker „There Is A Light That Never Goes Out“, ein Fan auf die Bühne gestürmt war und von einem Aufpasser runtergeschmissen wurde, rief Moz „Boo to the bouncers!“, beugte sich von der Bühne, um dem Opfer die Hand zu schütteln, und brach das Konzert ab.

„Ein bitterer, unglücklicher Mann“ , der „in einer anderen Welt lebt und keine Freunde mehr hat“, ist Robbie Williams nach Aussage seines Vaters Peter Conway. Umgeben ist Williams jedoch nicht nur von „Jasagern und Schmarotzern „, sondern auch von seinem Songwriting-Partner Stephen Duffy, mit dem er inzwischen an die 50 Songs geschrieben hat. 2005 sollen einige davon auf einem neuen Album erscheinen, und 2006 startet die nächste Tournee.

Bei einem Gastauftritt als DJ im New Yorker Club Dark Light verkündete Wyclef Jean eine anstehende Reunion der Fugees, die sich 1996 nach ihrem zweiten Album und einem Superhit mit der Coverversion von Roberta Flacks „Killing Me Softly“ getrennt hatten: „Wir hatten eine tolle Zeit zusammen. Es könnten noch mehr tolle Zeiten kommen.“

Auftritte auf fünf großen Festivals winken den Gewinnern der“.Beck’sOnStageExperience“-allerdings müssen sie sich zuvor mit anderen Bands live auf der Bühne messen. Je drei Bands- die Musikrichtung spielt keine Rolle – kommen in die Endausscheidungen an fünf Orten in Deutschland und Österreich, zuvor wählt eine Jury die Kandidaten aus. Infos und Anmeldeformular gibt’s unter www.becks-on-stage.de; Anmeldeschluss ist der 31. Dezember 2004.

Falsch waren einige Details im Novemberheft: Placebos Drummer heißt Steve Hewitt (nicht „Dave“). Die Textzeile „Eyeholes in a paper bag/greatest lay I ever had“ stammt nicht aus „Bruise Pristine“, sondern aus „Nancy Boy“. Joe Walshs Hit „Life’s Been Good“ haben die Eagles auch gespielt, ein Hit war er aber nur für Joe. Und Adam Ants „Place In The Country“ war nur im US-Radio ein Hit; die „echte“ A-Seite war „Desperate But Not Serious“. Sorry.