Journalisten-Verband kritisiert Till Lindemanns Anwälte: „Versuch, einen Maulkorb anzulegen“
Die Anwälte von Rammstein-Sänger Till Lindemann drohen Journalisten in einem Statement mit rechtlichen Schritten – der deutsche Journalisten-Verband kritisiert dies heftig und spricht von dem Versuch, der Presse einen Maulkorb anzulegen.
Im Zuge der Missbrauchsvorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann veröffentlichte die Berliner Anwaltskanzlei Schertz Bergmann vor kurzem eine Presseerklärung. Darin werfen die Juristen, die Lindemann in dieser Causa in äußerungs- und presserechtlichen Angelegenheiten vertreten, der Presse zum Teil „unzulässige Verdachtsberichterstattung“ vor. „In fast allen Fällen fand eine nachhaltige Vorverurteilung zulasten unseres Mandanten statt“, heißt es darin etwa. Man werde dagegen „umgehend rechtlich vorgehen“, so die Kanzlei, die eine objektive und ausgewogene Berichterstattung forderte.
Kritisch sieht das der Deutsche Journalisten-Verband (DJV). „Die Drohung mit rechtlichen Schritten gegen Journalistinnen und Journalisten ist der Versuch, Medien einen Maulkorb anzulegen“, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall in einem Pressestatement.
Verdachtsberichtserstattung sei durchaus zulässig
Eine Verdachtsberichtserstattung, so Überall, sei durchaus zulässig, solange sie sich an Spiegelregeln halte: „Dazu gehören unbedingt Fakten.“ Dass sich der Rammstein-Sänger in Schweigen hülle, verhindere bekanntlich Berichterstattung nicht, solange weitere glaubwürdige Informationen vorlägen, heißt es seitens des Deutschen Presseverbandes.
Außerdem sei eine Berichterstattung aufgrund Lindemanns Prominenz sowie der Schwere der Vorwürfe durchaus notwendig: „Die Vorwürfe gegen den Frontmann einer der bekanntesten deutschen Bands sind so schwerwiegend, dass sie recherchiert und berichtet werden müssen.“ Der Journalisten-Verband erklärte, Medien sollten sich von der Presseerklärung von Lindemanns Anwalt nicht einschüchtern lassen.
Erschwert die Drohung von Lindemanns Anwälten die Pressearbeit?
Kritik an dem Statement von Lindemanns Anwaltskanzlei kommt auch von dem Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“, Daniel Drepper. „Wir wissen, wie Verdachtsberichterstattung geht“, wird er von „Die Welt“ zitiert. „Ich fühle mich nicht eingeschüchtert. Wir haben vorher sauber gearbeitet, arbeiten jetzt sauber und recherchieren weiter.“ Drepper meint, dass die Ankündigung der Lindemann-Anwälte Recherchen erschweren könnte, da sie „wie eine Drohung für die Frauen [wirkt], die mit uns sprechen oder noch überlegen, ob sie mit uns sprechen wollen. Und das hat dann natürlich Einfluss auf die Berichterstattung.“