Journey – Der Perry macht’s
Seit November’77 touren Journey ununter brochen durch die Staaten.
Nur zu Pfingsten erlaubten sie sich einen kurzen Abstecher zum holländischen Pink Pop Festival.
Mit ihrem neuen Sänger Steve Perry kam die Band so fantastisch an, daß nun über eine Europa-Tournee im Herbst verhandelt wird.
Man nehme vier Musiker, deren Vergangenheit Bände spricht. Wenn dann diese vier Musiker auch noch aus verschiedenen Ecken kommen und sich zu einer gemeinsamen Band zusammenschließen, dann ist das entweder eine kurzlebige Supergroup, oder ein Konglomerat von Ich-bezogenen Rockstars. Allen voran in diesem Falle der Schlagzeuger Aynsley Dunbar, ein Hans Dampf in allen Gassen, der über John Mayall in die Szene schlitterte, bei Bowie die Stöcke schwang, zwischendurch mit seiner Band Retaliation Erfolge verbuchen konnte, sich dann plötzlich bei Zappas Müttern der Eingebung fand, bis er seine Schießbude bei Journey auspackte. Ego-Maniac Numero uno. Platz zwei in der Liste nimmt Keyboard-Mann Gregg Rolie ein, der vor drei Jahren seinem Brötchengeber Santana den Rücken kehrte, um seine eigenen Ideen zu verwirklichen. Und weil er gerade einen Gitarrero brauchte, nahm er den damals erst 20jährigen Neil Schon gleich mit. Fehlte noch ein Bassist. Den holte man sich damals aus der Steve Miller Band, und mit diesem Russ Valory war dann Journey Ausgabe eins, komplett am Start.
In dieser Besetzung quälte sich die Gruppe recht und schlecht durch die Konzerthallen dieser Welt, allerdings immer als Anheizer für Besseres. Für Superstars vom Schlage der Journey-Musiker mag das frustrierend gewesen sein. Das Debut-Album wurde zwar hochgelobt, allerdings mehr von Seiten der Plattenfirma, brachte aber kaum ein Bein in die Hitlisten. Die nachfolgenden LPs „Look Into The Future“ und „Next“ änderten an dieser Situation auch nichts. Hätten sie damals, vor drei Jahren, bei einem Gastspiel im Starwood in Los Angeles auf ein unscheinbares Männchen namens Steve Perry gehört, wäre vielleicht alles anders gelaufen. Dieser Steve Perry war nämlich damals ganz verrückt danach, bei Journey als Sänger einzusteigen. Doch welche Supergroup läßt schon ein Greenhorn an sich heran? Nun, immerhin besannen sich die Herren im letzten Jahr eines Besseren, denn dieser unscheinbare Steve Perry erwies sich als das Beste, was dieser Band nach drei lauen Jahren passieren konnte. Der Gesang war bei Journey immer zu kurz geraten, bis sich Perry mit einer
Kraft und Intensität, wie man sie höchstens von Robert Plant gewohnt ist, in seine neue Rolle hineinkniete. Dieser Perry entpuppte sich dann auch noch als Lieferant von hervorragendem Songmaterial, so daß alle Weichen für den Durchbruch gestellt waren. Das vierte Album, „Infinity“ kletterte dann auch prompt in den amerikanischen Hitparaden bis in die Top 20 und wurde für 500 000 verkaufter Exemplare sogar vergoldet. Ein noch .edleres Stück in Platin ist bereit avisiert. Aber genug der Vergangenheit, begutachten wir die Gegenwart.
Die Music Hall im texanischen Houston ist mit einer fünftausendköpfigen Rock’n’Roll-Gemeinde fast bis auf den letzten Platz besetzt. Die Gruppen Montrose und Van Haien erledigen ihren Job als Anheizer ordentlich, doch sind sie weit davon entfernt, dem Hauptakt des heutigen Abends überhaupt das Wasser zu reichen. Journey ist auf großer Amerika-Tournee, zum ersten Mal als Headliner. Das Publikum ist vorbereitet, denn die US-Radiostationen können sich nicht so richtig entscheiden, was auf dem Album nun eigentlich der Hit sein könnte. Also spielen sie alle Titel! Nach einer kurzen Ansage, hinaus in den süßlich duftenden Nebel der Music Hall dauert es keine fünf Takte, da steht das Publikum auf den Stühlen.
Selbstbewußt legen Journey eine Rock-Show hin, bei der es an nichts fehlt. Vom Sound bis zum Licht stimmt alles, selbst. die Repertoire-Auswahl klingt wie eine Greatest-Hits-Kollektion – und das bei einer Band, die nie einen einzelnen Hit hatte. Journey widerlegt alle Vorurteile, die ihnen ihre Santana-Vergangcnheit eingebracht hat. Ihr Sound steht wie eine feste Mauer aus Heavy-Metal, Blues und Rock. Endlich haben Journey das Feedback gefunden, nach dem sie jahrelang gesucht, haben. Bei ,,Wheels In The Sky“, einem Song von ihrer aktuellen LP, scheinteseindeutig: Joumey könnte Amerikas neue Lieblingsband sein. Das Konzert endet in Ovationen, mehrere Zugaben sind obligatorisch, wovon die letzte, „Lights“, die Mauern der Houston Music Hall mit ehrfürchtiger Andacht erfüllt. Die Euphorie auf der Bühne wie auch im Publikum ist grenzenlos. Steve Perry strahlt wie eine Primadonna. Das ehemalige Mitglied der Tim Bogart Band (,…. der spielte dauernd Solo-Bass..!) kam aus der Anonymität und führte eine relativ unbedeutende Band vor die grellen Scheinwerfer des amerikanischen Showbusiness.
Daß Journey auf dem besten Wege sind, auch in Europa ihr Publikum zu erobern, zeigte sich zu Pfingsten bei ihrem Auftritt beim Pink Pop Festival in Holland, wo sie 40 000 Leute auf die Barrikaden brachten. Allein für diesen Auftritt hatten sie die Strapaze auf sich genommen, ihre Amerikatournee zu unterbrechen. („Gestern spielten wir in Denver, übermorgen in Tucson, Arizona…;“). Es hat sich allerdings für sie gelohnt, denn Verhandlungen für eine Europatournee sind bereits im Gange.