Justin Timberlake Frankfurt. Festhalle
Das Radio sagt: „Echt pervers, oder?“ und „geil“ – wie bei den Oberaffen. Allein das durch chauffierende Eltern verursachte „Verkehrschaos“, das jetzt, nach dem Finale, am Fufi des an den Novemberwolken kratzenden Messeturms herrscht, zeige doch: Dieser Auftritt war der Wahnsinn! Dezibel, Watt. Explosionen. Justins Stylingwechsel [„sechsmal, ich habe extra mitgezählt!“) und Dance-Moves. Ticket- und Merchandising-Erlöse. Zahlen sagen: Warst du nicht dabei, hast du etwas verpasst. Es ist die Logik des Superlativ-Entertainings, die die Verhältnisse erbarmungslos vereinfacht. In ihr ist Popkonzert gleich Champions-League-Spiel gleich Cameron-Blockbuster. Die aufgeputschte, von aller journalistischen Distanz distanzierte Jung-Korrespondentin des, obwohl „Planet“ genannten, nur regional Chartsmusik und Wortbeiträge im SMS-Format in den Äther schwitzenden Radiosenders gibt dem bedenklich in den Ohren scheppernden Kreischen der vergangenen zwei Stunden eine angemessen hysterische Stimme. Sie sagt: Justin Timberlakes Auftritt war mindestens das größte Ereignis im Pop nach dem Fall von Jacksons „Neverland“. Und was soll ich sagen: Justin, I love you auch! Aber nur weil ich zu müde bin, über deine mit Kränen, Böllern und Laserkanonen gespickte Action-Man-Burg zu klettern, um dick anzufilzern, was an deiner „Performance“ nicht passte. Nicht ging. Gar nicht. Zum Beispiel diese Miami-Sound-Machine-Fütlsel, die betanzt, berappt, bekaspert das Programm auf ein abendfüllendes Maß strecken mussten. Sie sind offenbar Gema-frei oder in Profi-Musikanten ab Grundversion einprogrammiert, so oft wie sie einem bei Superstar-Shows begegnen. Gleiches gilt für den kategorischen Schlagzeug-Bumms. der selbst bei der Klischee-Ballade mit Gospelfreunden am Flügel 12.000 Mägen erschüttert. Und für Timberlakes Animation von der Stange sowieso. „Make some noise!“ Das geht immer. Also baller sie zu, Justin, knalt sie samt ihren sieben Sinnen weg, opfere den Göttern des kleinsten gemeinsamen Nenners alles, was an deinem Album noch -den Neptunes sei dank- okay war. Wenn der Junge mit dem Publikum sein Werbe-Jingle „Im Lovin It“ einstudiert und dazu das Werbebanner der sponsernden Fast-Food-Kette für Sekunden von der Videoleinwand pratzt, verstellt kein Lausbuben-Lächeln mehr die Konditionierungs-Maschine, die da wie geschmiert läuft. Darüber muss man sich nicht aufregen, solange es unter 12.000 sonst niemand tut. Stellvertretend funktioniert das nämlich nicht. Sprecht mir lieber nach: „N’Sync ist durch, es lebe Justin Timberlake!“ Er ist sich seine eigene Boygroup. Mit besseren Produzenten. Und besseren Prozenten,