Kanye West


Leistungsschau: Mr. West, Lebemann mit Hang zu Jesus-Darstellungen, zelebriert seine Karriere.

„Sweet dreams are made of this…“ singt der riesige rote Frauenmund auf der Videowand. Entzückt, aber auch leicht irritiert lauscht man der Konserve und sinniert, ob Kanye West mit dem Eurythmics-Klassiker auf seine eigene Karriere anspielt oder ob er sich einfach in den großen Pop-Kontext stellen will. Denn es wird nicht der einzige Griff in die europäischen Alltime-Charts bleiben, „Bittersweet Symphony“ und „Eleanor Rigby“ sind weitere Kostproben. Europäische Mega-Oldschool ist auch die Begleittruppe: ein Streichquintett, immerhin unterstützt von einem DJ-Weltmeister namens A-Trak, dazu ein Background-Pärchen, dessen einer Teil sein Cousin ist. Man mag sich richtig vorstellen, wie der Schelm diesen Coup geplant hat. [„Du willst WAS. Kanye? Fucking strings ? Wolfgang Amadeus West?“ -“ Exakt Mann. Streicher sind dope. Hol mir die besten. „) Es ist offensichtlich, daß der Maestro einige Register zieht, um seinem Ruf als einer der aufregendsten HipHop- und R’nB-Produzenten auch live gerecht zu werden. Doch ein paar Gimmicks sind eine Seite der Medaille, echte Live-Präsenz wäre die andere. Es ist ein schmaler Grat. West wirkt sich allzu bewußt, was er in den letzten Jahren alles erreicht hat und wo er steht. [Mit dem nächsten Song konnte ich meiner Mama ein Auto kaufen.“] Das teilt er schon mit seinen Outfits mit: edelste Hemden, Cardigans, alles vom Feinsten. So kleidet man sich an den Elite-Unis der Ostküste. Hier kommt die S-Klasse. Dazu dieser kindliche Stolz, der zu einem großen Teil seinen Charme ausmacht und mit dem er seinen neuesten Track, den Titelsong zu „Mission: Impossible III“ vorstellt [zu A-Trak: „Stop, spiel ihn noch mal, ich will ihn noch mal hören!“). Und doch ist alles eine Spur zu selbstgefällig und zu MTVig, um wirklich herzlich zu begeistern. Manchmal tanzt er direkt vor der Leinwand, seine Silhouette verpixelt mit dem Hintergrund. Dazu schwingen die Fans vom ersten Takt an die Arme; jener Pawlow’sche Mitschunkel-Reflex, der immer etwas schal an Volksmusik-Stadl erinnert.

Aber was soll’s. Es ist dies die solide Leistungsshow eines Studio-Wizards, in der auch ein Potpurri seiner Arbeiten für Jay-2 und andere nicht fehlt. Man vermißt bloß sehnsüchtig die zahlreichen Gäste von seinen Alben. Aber dafür gibt’s ja die Pop-Einlagen. Irgendwann erklingt sogar..Take On Me“, und der jüngere Teil des Publikums versteht wahrscheinlich nur Bahnhof. Aber wie er uns da grinsend den Morten Harket macht, ist einfach zum Schreien und sehr sympathisch.

www.kanyewest.com