Hollywood bastelt am harten Helden-Image, doch der wahre Reeves sieht anders aus: schön, schlaksig und im Interview charmant unbeholfen.
Keanu Reeves, sagen etwa achtzig Prozent der weiblichen Bevölkerung, sieht aus wie Gott, oder zumindest wie Jesus. Seine Schauspielkünste, meinen Kritiker, sind bisweilen unter dem; menschenmöglichen Durchschnitt. Keanu Reeves möchte als nächstes trotzdem den Hamlet spielen, im Theater. Nur: Hollywood hat für den Jungstar eine weitaus profitablere Nische gefunden und feiert Reeves als neuen Action-Hetden. „Speed“ heißt der Sommer-Hit des amerikanischen Kinos, eine Amok-Fahrt durch L.A., in der der 29jährige endlich mal den starken Mann mimen darf. Sein Name: Jack Traven. Sein Beruf: Angehöriger einer Spezial-Einheit des LA. Police Department. Sein Gegenspieler: Dennis Hopper, ein weiteres Mal glänzend in der Rolle eines gemeingefährlichen Maniacs Die Welt hat über Keanu Reeves, den in Beirut geborenen Sohn eines chinesischen Geschäftsmannes und einer amerikanischen
Modemacherin, bislang wenig erfahren. Er trägt einen hawaiianischen Namen, der soviel heißt wie „kühle Winde, die um die Berggipfel wehen“, er fährt gerne Motorrad, was ihm eine zwanzig Zentimeter lange Narbe auf der Brust einbrachte. Er hatte Affären mit Paula Abdul und Sofia Coppola, ist momentan solo und freut sich „auf das Gefühl, mal wieder verliebt zu sein.“ Sandra Bullock, die Frau an seiner Seite in „Speed“: „Ich glaube, er trägt eine Menge Schmerzen mit sich herum. Er läßt nichts davon ‚raus, und das macht ihn noch interessanter.“
Schön, schwach und problembeladen. Ist das die Mischung, die Frauenherzen schmelzen läßt? Während der Dreharbeiten zu „Speed“ starb sein guter Freund und Co-Darsteller River Phoenix an einem fatalen Drogen-Cocktail. Dennis Hopper, der Phoenix ebenfalls nahe stand: „Es hat Keanu zu Tode erschreckt.“ Reeves selber wird scheu, wenn es darum geht, derart persönliche Dinge zu diskutieren: „Ich vermisse ihn. Ich vermisse ihn schrecklich“, ist seine leise Antwort und ein schlichtes „Nein“ seine Reaktion auf die Frage, ob der Tod des Freundes seine Einstellung zum Leben verändert habe. Wenn sich Keanu im Gespräch vor jeder Antwort dreimal hilflos durch die Haare fährt und mehr mit der Tischplatte kommuniziert als mit jedem Gegenüber, gehen feuchte Frauenträume baden. Dann weiß Frau, daß sie ihn wahrscheinlich noch an die Hand nehmen muß, um ihn dahin zu kriegen, wo sie ihn gerne hätte. Und wer weiß, ob sich das wirklich lohnt. Nach seinen musikalischen Aktivitäten in der Band Dog Star befragt, antwortet der Hobby-Bassist lachend: „Oh, wir haben es aufgegeben zu proben. Ich bin der schlechteste Bassist der Welt. Ich habe keinerlei Gefühl für Rhythmus.
