„KEITH RICHARDS SIEHT IMMER TOLL AUS!“


Ausgefallene Outfits im Stil der späten Sechziger und die Keith-Richards-Gedächtnis-Frisur – beides macht Sergio Pizzorno unverwechselbar. Zusammen mit der Ballerina Keenan Kampa posiert er ab August für die neue G-Star-Kampagne, das fünfte Album von Kasabian ist in Arbeit. Im Interview verrät der Musiker, was Kleidung zu einem Rockstar-Image beiträgt und warum Jack Nicholson und Hunter S. Thompson in seinen Augen Stil-Ikonen sind.

Wie kommt es, dass ein Rockmusiker mit einem Modelabel zusammenarbeitet?

Ein Freund von mir fing vor Kurzem an da zu arbeiten und hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, etwas mit G-Star zu machen. Das Label hatte bereits interessante Kooperationen mit Dennis Hopper und Michael Madsen. Außerdem dachte ich, es ist eine gute Möglichkeit, meinen beiden Söhnen später zu beweisen, dass ich einmal cool aussah. (lacht)

Hast du vorher bereits Jeans der Marke getragen?

Mit 20 habe ich in einem Klamottenladen gearbeitet und dort G-Star verkauft, als das Label gerade frisch in UK angekommen war. Ich lief also schon sehr früh in diesen Jeans herum.

Wie sollte die perfekte Jeans aussehen?

Jeans sollten schwarz und gut geschnitten sein. Das perfekte Paar habe ich noch nicht gefunden, aber ich besitze einige, die dem Ganzen nahe kommen. Wenn ich ehrlich bin, kaufe ich Jeans auch meistens in der Frauenabteilung, beispielsweise bei Topshop. Die sitzen einfach besser als Herren-Jeans.

Wann haben Mode und Stil das erste Mal in deinem Leben eine Rolle gespielt?

Als ich ungefähr fünf Jahre alt war, sollte ich beim Krippenspiel mitmachen. Nicht als Josef oder Jesus, sondern in der Rolle des Erzählers. Als die anderen Kinder bei der Auff.shortührung auf die Bühne gingen, bin ich ohne Kostüm rauf. Meine Mutter fragte meine Lehrerin, warum ich als Einziger kein Kostüm trage, und sie antwortete, dass ich mich strikt geweigert hätte. Ich wusste also schon im Alter von fünf sehr genau, wie ich aussehen – oder besser – nicht aussehen mochte.

Hast du heute eigentlich Hilfe bei der Auswahl deiner Bühnen-Outfits?

Nicht wirklich, aber ein befreundeter Designer ist immer mal da und geht uns ein wenig zur Hand.

Unterscheiden sich die Sachen, die du auf der Bühne trägst, und deine Alltagskleidung stark voneinander?

Eigentlich nicht, höchstens dass die Schuhe, die ich auf der Bühne trage, im Alltag etwas unbequem sind.

Inwieweit tragen deine Bühnenoutfits zum Rockstar-Image bei?

Auf eine bestimmte Art und Weise sind sie Teil des Images. Trotzdem kann man sich natürlich nicht einfach irgendwelche Sachen überwerfen und denken, man wäre jetzt ein Rock-’n‘-Roll-Star. Es gehört mehr dazu: ein gewisses Funkeln in den Augen, das nicht jeder hat. Ein Image kann man nicht kaufen.

Welcher Künstler hat dieses Funkeln?

Jack Nicholson. Er zieht sich nicht an wie ein Rockstar, aber er ist einer. Er hat einfach das gewisse Etwas, diese Art von Magie. Er betritt einen Raum und die Zeit bleibt stehen.

Hast du Stil-Ikonen? Musiker, die dich inspirieren?

David Bowie und Keith Richards. Keith sieht immer toll aus, der weiß einfach, was ihm steht. Er beweist, dass einen guten Stil zu haben nicht unbedingt bedeuten muss, andere nachzumachen oder Trends zu folgen. Man muss wissen, was gut an einem selbst aussieht. Schau dir Hunter S. Thompson an. Der hat absolut lächerliche Klamotten getragen – Shorts und Tennissocken in Turnschuhen. Trotzdem hat er verdammt gut darin ausgesehen.

In Bezug auf Mode: In welchem Jahrzehnt hättest du gern gelebt und warum?

Um genau zu sein zwischen 1967 und 1972. Ich denke da an Filmaufnahmen zu „Rock & Roll Circus“, als die Stones zusammen mit The Who, Jethro Tull und anderen in einem Zirkuszelt auftraten. Die sahen einfach unglaublich aus.

Wir haben jetzt viel über Männermode geredet. Welchen Look magst du an Frauen und welchen gar nicht?

Was ich nicht mag, ist der Red Carpet Look, wenn Frauen aussehen, als hätten sie sich fünf Stunden lang zurechtgemacht und übertrieben auff.shortällige Abendkleider tragen. Es sollte unangestrengt aussehen. Natürlich machen sie sich Gedanken über ihr Aussehen, aber es muss einfach cool wirken und nicht übertrieben glamourös. Ich mag zum Beispiel den Stil von Alison Mosshart, außerdem ist sie wirklich nett.

Welches Kleidungsstück hast du dir zuletzt gekauft?

Etwas von Kokon To Zai. Ich drehe durch, wenn ich zu KTZ gehe und könnte den ganzen Laden aufk aufen. Ich habe mir da vor Kurzem eine schwarze Jacke im 80er-Jahre-Bikerstil mit Aufnähern gekauft.

Hast du jemals über ein eigenes Label nachgedacht?

Ich möchte kein ganzes Label, aber ein paar auff.shortällige Teile zu entwerfen wäre cool. Vielleicht eines Tages.

Denken wir an Punk, Mod oder Manchester Rave, so gab es in der Geschichte der britischen Musikszene oft einen „optischen Code“. Wie sieht der heute aus?

Das ist schwierig. Heute haben wir eine Verschmelzung von allen Subkulturen der Vergangenheit, unsere Kultur wird nicht mehr wie früher von einer bestimmten Sache dominiert. In der Zeit von Punk oder Mod gab es vielleicht drei Fernsehsender. Alle schauten das Gleiche, und alle kopierten, was sie sahen, und hatten deshalb einen ähnlichen Look. Heute bietet das Internet unendliche Informationsmöglichkeiten über Musik und Stars und man kann sich von jedem etwas herauspicken. Eine Bewegung mit einem typischen Style-Code kann so nicht entstehen.

Mit welchem Musiker würdest du gern mal Klamotten tauschen?

Mit Snoop Dogg! (lacht) Ich glaube, ich könnte damit ungestraft davonkommen.

Habt ihr schon mit den Aufnahmen zum neuen Kasabian-Album angefangen?

Wir werden in den nächsten Monaten damit anfangen, zu hören gibt es aber nichts vor 2014.

In welche Richtung wird es gehen?

Es wird wohl sehr psychedelisch klingen.

Und was hörst du gerade privat?

Madlib und die Band Beak>. Die sind momentan wirklich die beste britische Band.

KASABIAN IN KURZ

Kasabian formierten sich 1997 im britischen Leicester und wurden bald darauf mit ihrem psychedelischen und sehr tanzbaren Rock’n’Elektro -Sound berühmt. Der Bandname bezieht sich auf Linda Kasabian, ein Mitglied der Manson Family, die bei den legendären Tate-Morden den Fluchtwagen fuhr. Die Gründungsmitglieder von Kasabian sind die Sandkastenkumpel Tom Meighan und Sergio Pizzorno, sowie Chris Edwards und Christopher Karloff. 2008 stieß Schlagzeuger Ian Matthews hinzu. Als Karloff 2006 die Band verließ, wurde er durch den Gitarristen Jay Mehler ersetzt, der mittlerweile aber zum Oasis-Spin-off Beady Eye abgewandert ist. Die letzten drei Alben von Kasabian erreichten allesamt ohne Umwege Platz eins der britischen Charts. 2014 soll ihre fünfte Platte erscheinen.