Kim Franks Film „WACH“: „Ich will Angst haben. Damit ich spüre, dass ich lebe“


Der Film WACH stellt die Generation Z vor. Ihre Ängste, Träume und die Hoffnungslosigkeit. Um sich von der inneren Leere zu befreien die durch die heutige Fülle erzeugt wird, machen zwei Freundinnen ein extremes Experiment.

„Nein!“ schreit Carl(otta) oder auch C. genannt, hysterisch. „Nein, bitte Nike. Lass uns zum Strand fahren, ich will noch was Schönes.“

Bereits seit 48 Stunden sind die beiden Freundinnen nun schon wach, ohne Schlaf, auf der Suche nach der Essenz, nach dem Fühlen, nach schlichtweg „mehr“ als dem tristen Alltag, der Norm, der Konsumgesellschaft, all dem, was die Beiden da entkommen wollen. Selbst dem gängigen Fluchtmittel der heutigen Zeit – Drogen  – verweigern sich C. (Jana McKinnon) und Nike (Alli Neuman) auf ihrer Reise, die 86 Stunden lang dauert.

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Ein Film-Debüt auf allen Kanälen

WACH ist der erste Film des ehemaligen Echt-Sängers Kim Frank, der als Regisseur bisher Musikvideos von unter anderem Udo Lindenberg, Mark Forster und Andreas Bourani verantwortete und sich außerdem als Schauspieler, Drehbuch- und Romanautor („27“) versuchte. Er wurde am 17. September 2018 auf ZDF ausgestrahlt, am selben Tag wurde der Film auch auf offiziell auf YouTube gestellt. Wie die Finanzierung dieses Projektes ablief, erklärt der „Spiegel“:

Der Film sollte eigentlich nur auf YouTube zu sehen sein. Für alle, einfach raus, auch egal jetzt. Vorher schrieb Frank noch eine Mail an die allgemeine Mailadresse info@funk.de, das Online-Jugendprogramm der Öffentlich-Rechtlichen. Große Hoffnungen machte er sich nicht. Doch gemeinsam mit dem „kleinen Fernsehspiel“ im ZDF übernahmen sie schließlich die 600.000 Euro Produktionskosten. Als eine Redakteurin ihn anrief und sagte, dass sie den Film machen, war Frank gerade auf Island. Mit dem Handy in der Hand schaute er auf die Landschaft und weinte.

„Wir filmen das ganze Wachsein.“

Was passiert genau im Film? Die beiden 17-Jährigen machen ein spielerisches Experiment. Sie wollen ohne Hilfsmittel so lange wie möglich wach bleiben und filmen sich bei dem Versuch. „Warum?“, fragt sich auch Jesko, den sie in einem Club aufgegabelt haben. „Einfach weil wir’s können“, antwortet C. ihm. „Jeder Tag ist gleich und dann dröhnt man sich zu, um weg zu sein und dann noch mehr, bis man es irgendwann nicht mehr merkt.“ 

Aus dem geplanten Experiment in Nikes Plattenbau-Kinderzimmer wird ein Ausflug durch die Stadt und schließlich ein Roadtrip ans Meer. WACH zeigt die Welt durch die Augen und Kamera der zwei Mädchen, untermalt von C.’s Erzählerstimme, die durch ihre Gedankenwelt führt. Die wilde Kameraführung und das immer greller werdende Licht lässt uns genau so wie der Real-Life-Sound selbst zum Teil des Trips werden. Immer wieder werden Segmente von alten Werbespots eingeschnitten, C.’s monotone Stimme erzählt vom Leben im Überfluss und dem dadurch verursachten inneren Vakuum. Wie lang die Mädchen schon wach sind, erfahren wir immer wieder durch eine eingeblendete Info.

Brauchst du was, bestells‘, morgen ist es da. Willst du etwas wissen, google. Einen Song hören? Streamen. Eine Serie gucken? Binge. Ein Date? Swipe. Nur die wichtigen Sachen kann man nicht sofort haben. Manche Sachen brauchen Zeit. Was man nicht mit einem Klick bekommen kann… Freundschaft. Vertrauen. Liebe.“

Kim Franks Spielfilmdebüt WACH macht Spaß und tut gleichermaßen weh, Drogen werden als Fluchtmittel verflucht, das echte Leben als potentielles High gesehen und die Kälte der gezeigten Außenwelt sickert beim Zuschauen bis durch den Bildschirm. Zwar haben beide Protagonistinnen trotz des zarten Alters schon ziemlich leere Augen und stumpfe Ansichten, zeigen zugleich aber viel Wärme im Miteinander und sind hilfsbereit und keineswegs egoistisch. C. und Nike finden, wonach sie suchen, allerdings wird die Reise nach und nach zum Exzess. So viel darf gesagt werden: Ohne schwerwiegende Folgen bleibt ihr nüchterner Trip am Ende auch nicht.

Einerseits ist WACH an die Generation Z gerichtet, die sich unweigerlich in den beiden suchenden Mädchen wiederfinden muss, andererseits agiert Franks ehrlicher Film als Vermittler für die zugehörige Elterngeneration. „Wir sind eure Kinder“, heißt es im Endmonolog.

Den vollständigen Film könnt Ihr Euch hier auf YouTube ansehen:

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