KURZ & KLEIN n
Jetzt geht das wieder von vorne los. Einmal alle durch. Und sie haben sich wirklich Mühe gegeben mit dieser Rubrik, die Kollegen. Nicht nur bei den Texten, auch mit den Fotos, die sie anfertigen mussten, da war eines stylisberals das andere.
Und jetzt zu Cradle Of Filth – puh, härtere Übergänge schafft nur noch DJ Prof. Franz-, die …also Cradle Oi Filth haben ein neues Album „am Start“. Es hört auf den zweideutigen (zwinker, zwinker) Titel nymphetamine (Roadrunner/Universal). Pompöser Opern-Prog-Metal mit breitwandigen Gitarren und Gegrunze – Richard Wagner in Black Metal. Das ist wahrscheinlich ganz toll, aber nichts für ein Weiche! wie mich. Leserbriefe: bitte schreiben Sie sie jetzt.
Was die Weichei-Theorie noch weiter unterfuttert. In einem früheren Leben war der Autor ganz großer Fan der Dire Straits (abstrichweise exklusive brothers in arms), jene Band, die mit „Tunnel Of Love“ einen der großartigsten Songs aller Zeiten aufgenommen hat. Da trifft es sich ganz gut, dass beide Knopfler-Brüder mit einem Soloalbum kommen, shangri-la (Mercury/Universal) von Mark Knopfler, das glaubt jetzt sowieso kein Mensch, ist ein sehr schönes, zurückgenommenes Alterswerk, das von Knopflers, ja gut, unverwechselbarem Gitarrenspiel und seiner Fähigkeit, immer noch anständige Songs schreiben zu können, lebt. Musik für Yuppie-Spießer, aber trotzdem toll. Dieselben Spießer werden bald in den Laden rennen, um sich SHIP OF DREAMS (Edel) von David Knopfler zu kaufen. Das Album kann die soundästhetische Verwandtschaft zu SHANGRI-LA nicht verleugnen, ist aber Hardcore, Baby. David Knopüer singt wie BobDylan,deraut MeatLoaf macht, und hat als Gäste Chris Rea und Jule Neigel eingeladen. Jule Neigel! Da ist die Idee wieder mal besser als das, was hinten dabei rauskommt. Die reformierten Stray Cats veröffentlichen von jedem Konzert ihrer jüngsten Tournee ein Live-Album. RECORDED LIVE IN BERLIN 12TH )ULY 2004 (Surfdog/Indigo) ist hierauf dem Schreibtisch gelandet, weil aus „technischen Gründen“ eine Aufnahme des Münchener Konzerts nicht möglich war. Die Musik: Rockabillv vom Feinsten halt.
Die Hamburger The Twang haben ein weiteres Album mit Coverversionen in lustigen Country-Versionen aufgenommen. Johnny Cash circa 1955. Das kann man schon mal machen, einem Freund „Seven Nation Army‘ 1 , „Song 2“ oder „Notbing Else Matters“ vorspielen, um ein“.Was ist das denn? Cooooool!“ zu provozieren, letthere be twang (XXS/Indigo) hat schon ein paar gut gejodelte Pophits, ach nein, ach doch, ach was weiß ich denn? Jetzt mal was Grundsätzliches: Platten von Bands, die ihre Songs „Liebficken“ nennen, sollten ungehört im Papierkorb landen. Das Beste am neuen Album von Sofaplanet, das auf den zweideutigen (zwinker, zwinker) Titel POWER TO THE poeble (Wannsee Records/Edel) hört: In keinem Songtitel kommt das Wort „ficken“ vor. Das war’s dann aber auch schon. Ansonsten: Power-Punk-Pop mit einem Schmalspur-Thees-Uhlmann als Sänger. Das Gegenteil des POWER TO THE poeble dieses Abrechnungszeitraums heißt SISTER PHANTOM OWLT1SH (Ipecac/Southern/Soulfood) von Trevor Dünn s Trio Convulsant. Der Bassist von Fantomas und Mr. Bungle lässt hier ultrakomplexen Deatb-Metal-azzauflieblichebluenotige Passagen treffen. Ich sag mal: sechs Sterne. Mindestens.
Der Auftritt von Ben Harper bei „Rock am Ring“ war gut. Basta. Jetzt hat sich der wilde Hund aus Kalifornien, der immer noch daran arbeitet, berühmter als Jesus zu werden, fürTHERE will be a Light (Virgin) mit den Blind Boys Of Alabama zusammengetan, den alten Gospelhaudegen aus, ja, Alabama. Unten raus kommt ein soulful groovendesGospelalbum, bei dem die Zielgruppe in frenetischen Jubel ausbrechen wird. Tara Jane O’Neil ist eine ganz Gute. Früher hat die Mukiinstrumentalistin bei Rodan und The King Cobra gespielt, jetzt ist YOU Sound, reflect (Touch & Go/Rough Trade) ihr viertes Soloalbum. O’Neil wandert hin und her zwischen ambienten Gitarrenabstraktionen und einem zart-verhuschten Indie-Folk, der klingt wie Fairpon Convention klängen, wenn sie aus Amerika kommen würden. Klar, oder?
Die All Saints gingen eine Saison lang durch als die „andere“ Girl-Pop-Band. Auch geeignet fürs coolste Clubpublikura deiner Stadt. Shaznay Lewis war die Songschreiberin der All Saints. Dass ihr Soloalbum OPEN (Warner) unter Beteiligung von Biz Markie, Trevor lackson und der Basemant Jaxx entstanden ist, sei nur am Rande erwähnt. Das hilft nämlich überhaupt gar nichts. Weil: zu vernachlässigender R’n’B-HipPop-Schmus. Dann schon lieber Olaf Hund. Der ist zwar Franzose, macht aber trotzdem gute Musik. Der Hund hat ein Tanzalbum gemacht, kein Dancealbum, sondern einTanzalbum, bei dem sich Rondo, Menuet, Tango und Bolero die Klinke in die Hand geben. Sozusagen. Ein elektroakustischer Mix aus romantizistischer Pianomusik und Sechziger-Jahre-Soundtrack-Elektronik und Vaudeville und Minimal-Techno-Geknispel. Alles drauf. Auf valueses (Lounge Records/SIB).
Schon schön, was The Moore Brothers aus Kalifornien auf now IS THE TIME FOR LOVE (Piain Recordings/ Cargo) süßholzsingen. LieblkheT, spartanischer Foik, der ein bisschen an Simon &. Garfunkel und Crosby, Stills 8c Nash erinnert, deshalb sollten Leute, die Simon &. Garfunkel und Crosby. Stills & Nash nicht so toll finden, die Finger von dieser Platte lassen.
Nicht allzu weit weg von den Moore Brothers ist Ben Christophers. Der kommt zwar aus einem anderen Land und der Stadt, aus der eine der größten Singles-Bands der siebziger Jahre stammt: und zwar England und zwar Wolverhampton und zwar Slade. THE SPACE IN between (Cooking Vinyl/lndigo) erinnert an ganz frühen David Bowie und an Nick Drake, alles aber eine Spur weinerlicher, verzweifelter, pathetischer.
Nicht nur, dass Anschreiben, die mit dem Wort „Ahoi“ beginnen, misstrauisch machen sollten. Auch das Cover der CD. der das Anschreiben gewidmet ist, das mit „Ahoi“ beginnt, macht misstrauisch. Es ist so schlecht, dass alle Beteiligten froh darüber sein dürfen, in dieser Abteilung keine Covers ansehen zu müssen. Enno Palucca ist der Schlagzeuger der Goldenen Zitronen, was umso mehr verwundert, weil sich durch sein Soloalbum NA EN dlich ROCK! (Micropal Records) ein (gefühlter) Drumcomputer zieht. Dazu: Punk mit Manieren, schön un-produziert plus ein „amtliches Gitarrensolo“. Und: Hubertus Mohr, wenn du das bist, dann melde dich doch mal. Zu wenig neue Tigerbands diesen Monat, als dass ein eigener Kasten gerechtfertigt wäre. Tigerskin ist die Berliner Elektronik-Legende DubTaylor. Auf back in the days (Resopal Schallware/Rough Trade) gibt’s Techhouse, zwischen komplex verfrickelt und female-vocal-tanzbar. Sagen wir so: Wenn DJ Prof. Franz so was auflegt mit dem Regler auf 12, dann kann nichts mehr schief gehen.