Kurz vorm Platzen: Das Jahr des Bootie
Das Jahr 2014 ist ein einziger Rückblick, denn selten stand das Hintere so im Vordergrund. Alles für’n Arsch? Nicht unbedingt, meint Musikexpress-Autor Jan Schmechtig.
Was man auf der aktuellen Ausgabe des PAPER Magazins zu sehen bekam, war nicht einfach nur ein Hintern. Es war DER Hintern. Kim Kardashians krönender Abschluss des „Year of the Bootie“. Diese Competition hätte es normalerweise nicht gegeben, denn bisher war klar: Ice T’s Wuchtbrumme Coco hat den biggest Bootie auf diesem Planeten und Punkt. Tatsächlich war es aber im Jahr 2014 so, dass neben dem wesentlich fragwürdigeren Schönheitsideal „Thigh Gap“ der (über)weibliche Hintern ein eher fragwürdiges Revival erlebte.
Diese Entwicklung bedurfte allerdings Pionierarbeit. Diese leisteten nicht zuletzt Beyoncé und Jennifer Lopez schon die letzten Jahre. Lopez, die mit ihrem Latin Bootie und nicht zuletzt auch dessen Po-Versicherung den Anfang machte, und Beyoncé, die seit jeher für ihre „weiblichen sexy Kurven“ gefeiert wurde. Dieses Jahr begannen allerdings auch diese beiden, bisher für ihre eher zurückhaltende Arsch und Weise bekannt, wesentlich plakativer mit ihren Hinterteilen umzugehen. Beyoncé bewies, dass bei Ihrem Po nicht mehr viel vom CD-Cover übrigbleibt und J.Lo. nannte ihre Single einfach gleich Bootie, frei nach dem Motto: Warum lange um den heißen Po herumreden.
Und natürlich vergessen wir nicht Nicki Minaj, die Kim Kardashian zumindest im Bekanntheitsgrad ihres Hinterteils laut Internetauswertungen schlug. Dank „Anaconda“ (nie war der Unterschied zwischen Cover und Titel größer) hat Nicki Minaj es geschafft, dass ihr Arsch bekannter ist als ihre Musik. Vorbei die guten alten Zeiten, in denen es reichte, Kylie Minogues Popo in goldenen Shorts im Close Up zu zeigen. Heute wird jedes noch so unvorteilhafte Kleidungsstück (Nadelstreifenhosen, Netzoveralls, Bodies) dafür genutzt, den Hintern noch größer, praller und übertriebener erscheinen zu lassen. Und er wird permanent in beziehungsweise auf die Kamera gehalten. In your face sozusagen.
Was viele als Revival des Hinterns und der weiblichen Rundungen feiern, ist eigentlich der Niedergang eben dieser. Das sind doch keine Rundungen mehr. Mit einem Mal soll es hier beim Draufklapsen wabbeln bzw. harmlos in Englisch umschrieben „shaken“, aber wehe wenn Taille oder Rest des Körpers zu dick sind. Das geht gar nicht! J.Lo., Beyoncé und Kim Kardashian wären schockiert, wenn man ihren Moneymaker dick nennen würde. Lediglich Nicki Minaj bringt’s auf den Punkt: „ …I got a big fat ass …“. So isses nämlich. Es sind große, pralle, dicke Ärsche. So jetzt ist es raus. Und mir fallen jetzt auch keine Wortspiele oder Synonyme mehr ein. Aber können wir bitte aufhören so zu tun als seien übergroße Ärsche besser? Das wäre doch mal n Vorsatz fürs neue Jahr. In diesem Sinne: POst Neujahr!
Jan Schmechtig bloggt unter Horstson.de über Männermode und Musik – und in loser Regelmäßigkeit auf musikexpress.de.