Lake – Westcoast an der Waterkant
Die erste große Tournee der neuen deutschen Band Lake fiel zum Glück nicht vollständig in den Teich: Als Gitarrist Alex Conti Anfang Dezember in Ludwigshafen miteinem Abzeß an der linken Mandel zu einer Notoperation eingeliefert wurde, hatten die Hamburger im Vorprogramm von Wishbone Ash bereits acht vielversprechende Gigs absolviert. Bei den letzten Konzerten vor dem Breakdown hatte Alex mit Hilfe einer Pferdedosis Penicillin noch eisern durchgehalten, obwohl sein Gesundheitszustand keineswegs das einzige schwerwiegende Problem war, mit dem er und die anderen Lake-Musiker zu kämpfen hatten: Ihr Erfolg beim Publikum bescherte ihnen Neid aus einer Ecke, in der sie solch finstere Machenschaften wahrlich nicht erwartet hatten.
Die ebenfalls für das Vorprogramm engagierten ehemaligen britischen Senkrechtstarter Sutherland Brothers & Quiver kehrten schon nach wenigen Gigs in die Heimat zurück, weil, so heißt es, gegen Wishbone Ash und die deutschen Newcomer nicht anzukommen war (siehe Express News). Und die Zustimmung, die Lake beim Publikum erntete, lag auch Wishbone Ash im Magen: Wie der ME erfuhr, rächte sich das Ash-Management im Verlauf der Tour bei den allzu erfolgreichen Anheizern mit einem total verdrehten Sound. Die Lake-Roadies durften nicht ans Mischpult: Nachdem Wishbone Ash in Bremen echte Schwierigkeiten hatten, das Publikum zu überzeugen, wollten sie am Tag darauf wenigstens in Köln vor der Fernsehkamera (Aufzeichnung für den Rock Palast) nicht den Kürzeren ziehen. Geoff Peacey, Lake-Keyboardmann, meinte jedoch einige Tage später:“Zuerst waren die natürlich ganz schön erstaunt und wohl auch sauer. Die haben wohl gedacht, so eine unbekannte deutsche Band könnte ihnen gar nicht gefährlich werden. In Köm wurde es dann mit dem Sound ¿ ganz schön kritisch für uns. Aber danach haben wir uns mit ihnen darüber unterhalten, und dann war die Stimmung auch wieder ganz okay.“
Eine neue deutsche Band nimmt im allgemeinen keiner für voll. Das könnte sich in dem Moment ändern, da mehr Musiker, ähnlich wie Lake, ein internationales Sound-Bewußtsein entwickeln. Kein introvertiertes Gewäsch mehr spielen, sondern ein stilistisch klar umrissenes Konzept bieten. Lake haben sich zum Beispiel für die amerikanische Westküste entschieden: Alle Musiker sind ausgemachte Steely Dan-Freaks. Mit Steely Dan-Songs – perfekt nachgespielt – zogen sie zunächst in die regionale Live-Szene ein und entwickelten auf dieser Basis ihr professionelles Eigenrepertoire.
Das bisherige Marerial stammt in erster Linie von Detlev Petersen, Lake-Komponist und Produzent. Als Lake ins Rollen kam, überließ er Geoff die Keyboards und konzentrierte sich nur noch auf die „Schreibtischarbeit“. Bassist Martin Tiefensee und Drummer Dieter Ahrend, beide Mitglieder in Detlevs früherer Gruppe Tornados, gehören mit ihm zusammen zum Urkern von Lake. Die Tornados waren wie ihr Name: Ursprünglich von Detlev während seiner Studienzeit an der Musikhochschule als einträglicher Nebenverdienst ins Leben gerufen, grasten sie die norddeutschen Tanzfeste ab, bis sie von ihrer eigenen Hitparadenmusik Alpträume bekamen. Keine Chance, eigene Ideen zu verwirklichen. Das Lake-Projekt wurde irgendwann parallel angekurbelt. Nach drei Singles ließen sie die Tornados sterben und gingen für einige Monate in Klausur.
Alex Conti, einer der profiliertesten deutschen Gitarristen (Curly Curve, Atlantis, Rudolf Rock), war nun dabei, und James Hopkins Harrison, der zweite Engländer in der Gruppe, übernahm die erste Stimme. Gemeinsam probten sie einen harmonischen Satzgesang, der die amerikanischen Star-Vorsänger von ihrem hohen Roß stoßen könnte. Und diese Vokal-Passagen kommen live genauso rüber wie auf der unter anderem in den englischen Sawmill Studios produzierten Debut-LP „Lake“.
Pech für die Gruppe, die mit ihren Gigs im Hamburger Raum regelmäßig für verblüffte Gesichter sorgte, daß Alex wegen seiner Mandelgeschichte ausfiel. Schon vor seiner Operation mußten die Musiker ihren Harmoniegesang umstellen, da Alex beim besten Willen keinen Ton mehr von sich geben konnte.
Trotz all dieser Pannen brachte die Dreiländertournee mit Wishbone Ash der Band mit dem so undeutschen Sound ein positives Fazit: Die Sutherland Brothers, haben es wohl nicht verdient, daß man sie mit Bierdosen bewarf. Doch ihr vorzeitiger Abgang hat dem Programm weniger geschadet als die Zeit ohne Lake.