Laurie Anderson


„Es tut mir sehr Leid, daß ich vor Jahren einige Dinge behauptet habe wie: Ich hasse Gitarren, ich hasse Schlagzeug, ich werde nie einen Baß benutzen.“ Laurie Anderson, 37. kleingewachsen, aber ohne Zweifel Amerikas größte und ambitionierteste Gegenwarts-Künstlerin im Feld zwischen Rockmusik und Video-Art, revidiert frühere Aussagen. Überraschend. „Ich habe meine Meinung während der Produktion von MISTER HEARTBREAK überholt. Ich glaube, die Musiker, mit denen ich gearbeitet habe, beeinflußten diesen Wandel. Allen voran Adrian Belew. Er brachte so tolle und verblüffende Sounds und Effekte auf seinen Instrumenten zustande. Ein Magier auf der Gitarre.“

Auch Produzent Bill Laswell, einer der Material-Genies, hatte großen Anteil an der Sound-Expansion, die Laurie für ihre zweite Platte vorantrieb. „Ich habe viel Zeit in kubanischen Clubs in New York verbracht. Dort habe ich Inspirationen, Ideen und viel Freunde gesammelt. Rhythmisch stellt die Musik, die dort gespielt wird und wovon ich sehr viel in meine Platte reingesteckt habe, sämtliche Avantgarde-Versuche in die Ecke.“

Nach intensiver Vorbereitung stehen für die in Chicago geborene Anderson in diesen Wochen in den USA eine Reihe von Live-Auftritten bevor. Mit konventioneller Sechs-Mann-Band und Computer-Technik. „Wir spielen mit zwei Sängern, einem Percussionisten, einem Saxolonisten, einem Keyboarder und einem Gitarristen. In etwa dreimonatiger Vorbereitungszeit habe ich zusätzlich einige Video-Clips produziert sowie diverse Bühnenbilder und Dekorationen entworfen.“

Wird’s die gleiche Monumental-Show wie 1979, als Laurie Anderson ihr siebenstündiges Werk „United States I-VI“ an der Brooklyn Academy of Music uraufführte? Die Kritiker überschlugen sich damals ja geradezu in ihren Urteilen.

„Nein, die diesjährigen Auftritte werden kompakter und mehr als Konzert, weniger als künstlerisches Ereignis über die Bühne gehen.“ Der Wandel liegt unter anderem darin begründet, daß das Unternehmen Laurie Anderson anno ’84 auf Konzert-Reise rund um den Globus geht. Für Oktober/November peilt man Deutschland an.

Zuvor, im September, ist ein Projekt geplant, das sicher zu den ungewöhnlichsten Kultur-Ereignissen in dieser Stadt zählen wird: In Leningrad will Laurie Anderson mit Leonard Bernstein und Harry Belafonte ein Konzert geben, das von der Stadt Leningrad gesponsert wird. Veranstalter ist eine Organisation internationaler Künstler, die mit solchen Aktionen gegen nukleare Aufrüstung protestiert.