Lenny Kravitz
Daß Jimi Hendrix zu seinen ganz großen Vorbildern zählt, verwundert nicht. Doch die Plattensammlung von Lenny Kravitz offenbart auch so manche Überraschung.
Jackson 5 – ABC
Ohne dieses Album wäre ich nicht Musiker geworden. So einen Einfluß hatten die Jungs, ihr Groove und ihre Stimmen auf mich. Wenn ich heute Songs von den Jackson-Brüdern höre, denke ich mir: Hey, vielleicht wäre ich jetzt Briefträger oder Milchmann, wenn ich nicht damals als kleiner junge die Musik der Jackson 5 gehört hätte. „ABC“ war eine der ersten Scheiben überhaupt, die ich mir selbst gekauft habe. Ich liebte die Jungs, Tito und Jermaine waren meine Kindheitshelden. Und natürlich Michael. Für mich sang er damals auf dem gleichen Level wie Aretha Franklin oder James Brown.
Marvin Gaye – What’s Coing On?
Marvin Gaye ist ein Gott für mich. Seine Stimme und seine Art, Gefühle durch Songs auszudrücken, bleiben unerreicht. Gaye hat mich zweimal entscheidend geprägt. Als Kind wollte ich so sein wie er-cool, aber mit Gefühl. Später als Musiker träumte ich davon, das Feeling von „What’s Going On?“ in meine Lovesongs zu bekommen. Groove und Charisma – wieviele haben versucht, ihn zu kopieren, keiner hat’s geschafft. Auch ich nicht. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich von seinem Tod erfuhr. Erschossen von seinem eigenen Vater. Was für ein Scheißtod. Aber einer wie Marvin Gaye stirbt nicht.
Al Green – Let’s Stay Together
Keine von Als unzähligen Platten kommt an diese heran. Ich glaube, es war sein drittes oder viertes Album, aber mit Abstand sein bestes. Sensationell ist sein Bee Gees-Cover „How Can You Mend A Broken Heart?“. Im Grunde mag ich Coverversionen nicht so gern, die meisten sind leider sehr schlecht, viel schlechter als das Original. Aber bei Al’s Version der Bee Gees-Nummer gibt es nichts zu meckern. Sie ist besser als das Original. Green würde ich auf meiner persönlichen Sängerliste zu den Top 3 zählen. Das Schöne an seiner Musik ist auch, daß er mich nie enttäuscht hat.
Stevie Wonder – Inner Visions
Der Tag, an dem ich „Inner Visions“ zum erstenmal hörte, hat mein Leben für immer verändert. An diesem Tag habe ich Musik wirklich verstanden. Alles. Jeden Ton. Jede Idee. Es war ein unglaubliches Gefühl. Das Album lag vor mir wie ein offenes Buch. Jede Sequenz hat sich mir erschlossen. Alle Teile fügten sich zu einem Ganzen, ein sensationeller Trip durch eine bestimmte Art von Musik. Ich weiß nicht, was ich heute machen würde, wenn ich dieses Album nicht begriffen hätte. „Inner Visions“ ist mein persönlicher Meilenstein in Sachen Musik. Jeder Musiker möchte irgendwann so eine Platte machen.
John Lennon – Piastic Ono Band
Ich habe John leider nie kennenlernen können. Ich hätte sehr gerne mit ihm über dieses Album gesprochen, das mich sehr berührt hat. Fast alle Songs sind so ehrlich in ihren Gefühlen, daß man richtig mitleidet. Die Kunst, Kindheitserlebnisse in Musik umzusetzen und zu verarbeiten, habe ich bei keinem anderen Sänger als so perfekt empfunden wie bei John Lennon auf diesem Album. Ich hätte auch Johns „Imagine“ als eines meiner Liebiingsalben angeben können. Aber dieses hier ist so schön, daß kein anderes Werk von ihm mithalten kann.
Jimi Hendrix Experience – Are You Experienced?
Obwohl das Album älter ist als die Sachen von den Jackson 5 oder Marvin Gaye, bin ich erst Ende der Siebziger auf Jimi gekommen. Die Platte habe ich erstmals mit Freunden gehört. Wir tranken, rauchten und lauschtem diesem einmaligen Gitarrenspiel. Jimi war für mich damals ein Phänomen, eine Legende. Schließlich war er schon ein paar Jahre tot. Sein Leben war so, wie ich mir Rock’n’Roll immer vorgestellt hatte. Laut und kurz. Hendrix ist einer der Musiker, die mich nachhaltig geprägt haben, ohnen seinen Einfluß hätte ich „Are You Gonna Go My May?“ nicht gemacht.
Carole King – Tapestry
Ich weiß gar nicht mehr, wann und zu welcher Gelegenheit ich dieses Album zum erstenmal gehört habe. Ich weiß nur, daß ich bei einem Freund war, und am nächsten Tag losrannte, um mir die Scheibe auch zu besorgen. Carol ist eine der wenigen Frauen, die ich wirklich großartig finde. Was Carol mit „Tapestry“ geschaffen hat, ist einzigartig. Musikalisch ist das Album eigentlich gar nicht mein Fall. Aber weil es textlich so außerordentlich ist, liebe ich mittlerweile alles an der Scheibe. Carole schreibt meiner Meinung nach die besten Songs überhaupt. Zu ihren Texten läßt es sich großartig träumen. Und jeder, der selbst mal Texte geschrieben hat, kann bei ihr sehen, wie man es richtig macht.
Led Zeppelin – Led Zeppelin
Ich muß ungefähr 15 gewesen sein, als mir ein Freund diese Band vorspielte, von der ich zwar den Namen kannte, nicht aber die Musik. Was für ein denkwürdiger Nachmittag. Ich habe mir später alle Platten von Led Zeppelin gekauft, aber keine kommt an das Debüt heran. Dieses Album hat mir gezeigt, wie sich eine Band anhören muß. Ein Gesamtkunstwerk mit einem charismatischen Frontman, trotzdem aber eine Band, ein Team. Die Musik war hier, verglichen mit späteren Alben, ja noch ungeschliffen, nicht wirklich typisch für Led Zeppelin. Wenn ich von Hendrix mal absehe, hatte ich mit Hardrock nichts am Hut. Das hatte sich plötzlich alles geändert. Nach dieser Platte wollte ich Gitarre spielen wie Jimmy Page.
Gladys Knight & The Pips – Imagination
That’s Soul! So und nicht anders muß er klingen – tief aus einer schwarzen Seele heraus. Ich habe keine Ahnung, wie oft ich diese Platte gehört habe. Hundertmal, tausendmal? Jedenfalls so oft, bis ich alles auswendig konnte. Jede Pause zwischen den einzelnen Textpassagen, jede Betonung, einfach alles. Gladys war anbetungswürdig. Den Hinweis auf diese Scheibe gab mir mein Plattenhändler, bei dem ich jeden Tag rumlungerte und meine Motown-Scheiben kaufte. Irgendwann sagte er: Junge, wie wär’s denn mal mit dieser hier. Und weil ich dem Kerl blind vertraute, schleppte ich das Ding mit nach Hause, legte sie auf und war fasziniert. Gladys gehört zu den ganz Großen.
Bob Marley & The Wailers – Kaya
Wieso es mir gerade „Kaya“ so angetan hat, weiß ich nicht mehr. Eigentlich finde ich einige andere Marley-Alben wie zum Beispiel „Babylon By Bus“ teilweise besser. Wahrscheinlich liegt es daran, daß „Kaya“ die erste Marley-Scheibe war, die ich gehört habe. Bob Marley hat mir Reggae erklärt. Er war und ist für mich Reggae. Diese Musik ist für mich der Inbegriff von Leichtigkeit, kombiniert mit komplizierten Themen und Inhalten. Völlig anders als die Sachen, die ich Anfang der Siebziger gehört und geliebt habe und trotzdem sehr prägend für mich. Bobs Musik war für mich viele Jahre der Einblick in eine andere Kultur.