Leon Russell


Allen Ankündigungen und Vorbereitungen zum Trotz kam Leon Russell Ende vorigen Jahres doch nicht nach Deutschland. Die Gründe dafür sind uns bis heute nicht bekannt. Immerhin hatten wir i wohl so etwas wie eine f böse Vorahnung und haben schon seine Konzerte in Holland besucht. Glücklicherweise, wie sich später herausstellte, als Russell Deutschland aus seinem Terminkalender strich. Ende November gab er drei Auftritte im Land der Tulpen und Windmühlen: in Amsterdam, Groningen und Voorburg (Vorort von Den Haag). Mit einem etwas weniger eindruckerweckenden Haarschnitt („es hing mir andauernd in den Mund, aber in fünf Jahren wird es sicher wieder lang gewachsen sein“) und weniger auffällig gekleidet als in „Mad Dogs And Englishmen“ kam er zusammen mit der Englischen Formation Grease Band und dem Amerikanischen Bluesgitarristen Freddie King nach Europa. Das erste persönliche Kennenlernen sollte In einem Amsterdamer Hotel anlässlich einer speziell für ihn organisierten Pressekonferenz stattfinden. Als wir den Raum betraten, sahen wir Freddie King gemütlich lächelnd an einem Tisch und die Grease Band gelangweilt in einer Ecke sitzen. Leon Russell war nirgends zu sehen. Er hatte Hals- und/oder Magenschmerzen … !

Die musikalische Laufbahn Mr. Russeis dürfte mittlerweile mehr als bekannt sein.

Unter anderem spielte er auf dem ersten Hit der Byrds mit. Auf meine Frage, ob er heute noch Kontakt zu Roger McGuinn hätte, antwortete er: „Ich habe ihn noch vor kurzem getroffen und wir haben uns ziemlich lange unterhalten. Ich finde, Roger ist ein sehr guter Musiker, der seine Gruppe trotz aller Veränderungen noch immer gut in der Hand hat.“ Der plötzliche Tod des talentierten Amerikanischen Gitarristen Duane All man schien Leon sehr getroffen zu haben. „Ich habe nie mit ihm gespielt. Aber ich habe Auftritte seiner Band gesehen und die haben mich sehr beeindruckt. Unser Bassist Carl Radle kannte Duane sehr gut und hat oft mit ihm gespielt“.

Kurz vor Russells Abreise nach Europa hatte er eine Seite seiner neuen LP fertig bekommen. Ein Teil der Aufnahmen wurde in der für und durch „Shelter Records“ errichteten Niederlassung aufgenommen. „Es ist nicht, wie viele Leute behauptet haben, ein echtes Dorf. Es handelt sich lediglich um ein paar Häuser, Wohnwagen und natürlich ein Studio. Die Leute können hier, wenn sie wollen, während der Aufnahmen wohnen. Es liegt irgendwo in Oklahoma, ganz in der Nähe des Reviers, wo ich immer Fischen gehe. Angeln ist nämlich das einzige Hobby, das ich ausserhalb 4er Musik habe.“

DAS KONZERT

Die aus 6 Mann bestehende Grease Band, frühere Begleitgruppe von Joe Cocker, eröffnete die Show und war ziemlich mittelmässig. In der zweiten Hälfte des Programm trat Freddie King, eine Entdeckung Russells, auf. Überraschenderweise rief King trotz sehr geringer Bekanntheit Begeisterungsstürme beim Publikum hervor, musste mehrere Zugaben spielen und sich von den vorne sitzenden Leuten lange die Hände schütteln lassen. Danacl erschien Leon Russell auf der Bühne. Er spielte allein und begleitete seinen Gesang nur auf dem Piano. Schon während dieser ersten Minuten seines Auftrittes zeigte er, dass er nicht zufällig zur Musiker-Elite der Siebziger Jahre gehört. „North Country Girl“, eine Bob Dylan-Komposition, brachte er besser, als der grosse Meister selbst. Danach kündigte er seine Gruppe an. Das ist eine sehr professionelle Rock-Band, deren Mitglieder alle in irgendeiner Weise etwas mit dem Delaney & Bonnie – Syndikat zu tun gehabt haben. Das ist sowohl vokal, als auch instrumental deutlich zu hören. Im einzelnen handelt es sich um Chuck Blackwell, Drums; Carl Radle, Bass; Don Preston (nicht zu verwechseln mit dem Don Preston von den Mothers Of Invention), Leadgitarre und Gesang; Joey Cooper, Gitarre und Gesang; John Gallie, Orgel und nicht zu vergessen die attraktive Claudia Lennear, die ebenfalls singt. Die Gruppe spielte unter anderem den Erfolgshit „“Delta Lady“ (Leon: „“Kann schon seHvdäss ich diesen Song für Rita Coolidge geschrieben habe …“), die Stones-Kompositionen „Honky Tonk Women“ und „Jumpin‘ Jack Flash“, „Roll Over Beethoven“ und auch die neue Dylan-Nummer „The Night They Cut George Jackson Down“. Wir erfuhren übrigens auch, dass Leon jetzt ein Jahr lang nicht mehr auftreten wird. Und das ist für das deutsche Publikum, das ihn diesmal nicht erleben konnte, sehr schade.