Leonard Cohen: Die acht wichtigsten Platten seiner Karriere
Leonard Cohen wurde auf seine letzten Tage einer der wenigen Säulenheiligen des Songwritertums überhaupt. Diese acht Alben gehören zu den Werken, die ihm zu diesem Status verhalfen.
SONGS OF LEONARD COHEN (1967)
Der Klassiker mit den Klassikern, von „Suzanne“ über „Sisters Of Mercy“ bis hin zu „So Long, Marianne“. Die Songs auf diesem Album sind bis heute fester Bestandteil seines Repertoires. Und es ist die ernsteste Platte des Jahres, in dem Pop überhaupt erst anfängt, sich ernst zu nehmen. Introvertierter Folk, vorgetragen im damals noch hellen Bariton und so sparsam instrumentiert, dass die Backing-Band (Kaleidoscope) völlig unhörbar bleibt – bis zur nalen Kakophonie von „One Of Us Cannot Be Wrong“. Es ist, was keiner weiß, der Song mit den besten Lyrics, die Cohen jemals schreiben wird. (6 Sterne)
https://youtu.be/QQzBGkKl4Vg
SONGS FROM A ROOM (1969)
Das „schwierige zweite Album“ erweist sich als genau das, ein schwieriges zweites Album. Nicht nur fällt das Songwriting gegenüber dem Debüt zurück, Cohen scheint auch als Sänger aus dem Tritt gekommen zu sein – manchmal bis hart an die Grenze einer Spoken-Word-Performance, während die Instrumentierung ihre Kapriolen schlägt. Die Ziellosigkeit vieler Songs wird aufgefangen von „Bird On The Wire“. One Killer, many filler. (3 Sterne)
SONGS OF LOVE AND HATE (1971)
Es gilt als sein „emotionalstes Album“, was bei einem Proto-Emo wie Cohen schon etwas heißen will. Die Themen drehen sich vage um Spiritualität („Joan Of Arc“), platonische und physische Liebe („Last Year’s Man“, „Famous Blue Raincoat“) und Depression („Dress Rehearsal Rag“). Die Musik ist opulenter, steht den Texten aber noch immer nicht im Weg herum. Hinzu kommt, dass Cohen als Sänger gereift und in der Lage ist, dramaturgisch besondere Akzente zu setzen. (5 Sterne)
NEW SKIN FOR THE OLD CEREMONY (1974)
Mandolinen, Banjos, knifflige Percussion, dazu wunderbare Texte und berückendes Songwriting – Cohen hat seine Reiseflughöhe erreicht. Unter der Oberfläche blieben die Lieder simpel, wie es sich gehört. Und je einfacher, desto besser. Gerade der volle Sound bringt spartanische Arrangements – wie in „Who By Fire“ – umso mehr zur Geltung. Fester Bestandteil inzwischen ist auch die weibliche (hier Janis Ian) Begleitsängerin, die den Vortrag des Meisters erst abrundet. (5 Sterne)
DEATH OF A LADIES’ MAN (1977)
Cohen, seine Fans und die Fachwelt haben dieses unter den Fittichen von Phil Spector entstandene Album als gescheitertes Experiment verbucht. Bläser blasen, der Funk funkt, und in Songs über Erektionen („Don’t Go Home With Your Hard-On“) bleibt seine alte Liebe zu Anzüglichkeiten erkennbar. Weiter wagte er sich musikalisch – und lyrisch – noch nie aus seinem angestammten Territorium. In den Siebzigerjahren führte von dort aber auch kein Weg weiter. Er tauchte danach für fünf Jahre unter. (4 Sterne)
I’M OUR MAN (1988)
Mit VARIOUS POSITIONS hatte es sich 1984 angekündigt, jetzt hat Cohen seinen Frieden mit synthetischen Keyboards und treibenden Rhythmen gemacht. Musikalisch geht seine Formel auch im neuen Gewand auf, mehr noch, setzt neue Akzente. Das kryptischdüstere „First We Take Manhattan“ mag ein Stück Synthie-Pop-Geschichte sein, glänzt aber mit der E-Gitarre von Stevie Ray Vaughan. „Everybody Knows“ zeigt, dass der alte Liebhaber Cohen auch die Geißel Aids zur Kenntnis genommen hat. (5 Sterne)
THE FUTURE (1992)
Beinahe Sprechgesang, Dunkelheit und schwer abfedernde Elektronik – Cohen interessiert sich für die Gegenwart und malt im Titelstück ein düsterprophetisches Bild der Zukunft. In „Waiting For The Miracle“ warten zwei Liebende auf das Wunder eines besseren Lebens, sie warten und warten vergeblich und erleben so das Wunder, ihr Leben gemeinsam zu verbringen. Das Album klingt nicht nur wie nichts, was er bisher machte, es klingt auch nach niemandem sonst. Cohen nackt und pur und traurig. (5 Sterne)
DEAR HEATHER (2004)
Und dann ist er, nach Jahren der Meditation, plötzlich wieder da und so gut wie zuvor. Mit diesem unterschätzten, weil oft übersehenen Album setzt die Spätphase von Cohen ein. Es ist eine Studie in elegantem Verschwinden, mit Grabesstimme vorgetragene Gedichte (von Byron) und Meditationen zu skelettiertem R’n’B, aus denen immer wieder wunderbare Songs werden. Mit 70 Jahren resümiert der Gentleman hier auch seinen Erfolg bei den Frauen: „Because of a few songs wherein I spoke of their mystery, women have been exceptionally kind to my old age …“ (4 Sterne)
Dieser Artikel ist Teil unserer ME.Helden-Geschichte aus der aktuellen Dezember-Ausgabe des Musikexpress. Die Themen der Ausgaben findet Ihr hier im Überblick.