Let’s Twist Again Inga Rumpf


Ehe wir ins Interview ein steigen, vorab noch einige Informationen: Ingo Rumpf hat die zwei Jahre, in denen man hier kaum etwas von ihr hörte, nicht völlig beschäftigungslos verbracht. So tourte sie mit dem Jochen Brauer Sextett durch die UDSSR und trat in der DDR auf. Die Songs, die sie im Laufe der Zeit schrieb und die sie bei den Hamburger Schallplattenfirmen anbot, landeten dann zum Teil auf ihrer LP "My Life Is A Boogie". Mit ihrem Demo-Band war sie auch in die Staaten geflogen und hatte auf dem Rückweg in London Station gemacht. Durch die Vermittlung ihres Musikverlages lernte Inga Dave Robinson von Stiff Records kennen, der ihr wenig später dann die Studiomusiker vermittelte. Allan Spenner (Baß), Paul Carrack (Keyboards), Neil Hubbard (Leadgitarre) und Robert Awaii (Gitarre) begleiteten sie auch auf ihrer Tournee. Nur für Gerry Conway sitzt jetzt Trevor Moraz an den Drums.

ME: Warum hast du keinen Vertrag mit Stiff Records gemacht?

Inga: Weil sie nicht zahlen konnten. Ich war finanziell total am Ende, weil ich alles selbst produziert und finanziert hatte, und Stiff war am Ende, weil Dave Robinson und sein Partner sich gerade getrennt hatten. Deshalb mußte ich selbst wieder losgehen, um das Band zu verdealen. Ich mache bei Stiff aber einige Singles, weil es sich im Moment nicht lohnt, eine LP aufzunehmen.

ME: Du bist in Deutschland bei RCA unter Vertrag, während Stiff hierzulande von Teldec vertrieben wird….

Inga: Wenn die Singles gut sind, werden sie von RCA übernommen. Und ich bin sicher, daß RCA sie herausbringen wird.

ME: Werden das Titel im Stil deiner LP?

Inga: Ich habe ’ne Menge neuer Titel geschrieben. Ich habe jetzt lange genug meine Fähigkeiten als Sängerin bewiesen, jetzt will ich meine Leistung als Schreiberin beweisen. Ich schreibe inzwischen Stücke, nach denen ich tanzen kann… so eine Art Twist. Ich gehe nicht oft weg, aber wenn, dann brauche ich sowas, nach dem ich meinen Twist tanzen kann; etwas in der Art jedenfalls, mit der entsprechenden Rhythmik. Ich kenne das Metronome von samt

Nach zweijähriger Pause ist Inga Rumpf nun wieder bereit, voll mitzumischen sowohl auf dem deutschen als auch auf dem internationalen Markt. Mit ihrer LP „My Life Is A Boogie“ stieg sie Anfang des Jahres erneut ins Platten business ein. Mit mal wieder mit einer Band auf Deutschland-tournee. Vorher hatte sie jedoch noch Zeit für ein Gespräch mit dem Musik Express.

liehen mitklatschbaren Stücken, darauf sind zum Beispiel alle Stevie Wonder-Titel geschrieben, die Hits wurden. Es gibt so einen Rhythmus, der dem menschlichen Herzschlag entspricht, und wenn der ertönt, dann swingt eben alles mit.

ME: Bist du eigentlich oft in London? Möglicherweise gibt es dort für dich im Moment mehr Anregungen als in Hamburg.

Inga: Hamburg ist für mich immer noch die Basis, weil ich hier geboren bin und weil ich hier die stärksten Beziehungen habe. Das andere ist wie geiles Fremdgehen – aber es ist notwendig. In London passiert zur Zeit ’ne ganze Menge. Es ist nicht nur die Clubszene; es ist der ganze Hintergrund. Für einen Musiker ist es immer gut, wenn er rätseln muß, wovon er am nächsten Morgen seine Brötchen kauft. Das gibt ihm. glaube ich, ganz guten Antrieb, wenn er stark genug ist, das zu verarbeiten. Ohne den gesellschaftlichen Hintergrund würde die Punk-Sache auch gar nicht laufen können. Deswegen läuft sie auch in Deutschland nicht.

ME: Mittlerweile scheint es, als ob der Punk so langsam unter dem Oberbegriff New Wave mit ins musikalische Etablishment fließt.

Inga: Das Entscheidende sind sowieso nicht die Begriffe, sondern die Musik. Es gibt unheimlich viele Punkbands, aber es nützt nichts mehr, einfach nur aggressiv zu sein und rauszuschreien, was einen im Moment quält. Von hundert Bands überlegen sich vielleicht zwei, daß sie mit guten Melodien mehr verkaufen.

ME: Leute wie Elvis Costello oder Nick Löwe haben es allerdings begriffen.

Inga: Genau. Es läuft immer auf dasselbe heraus: Diese Musiker – die dritte Generation vielleicht – wissen ganz genau, was Rock’n’Roll ist. Genau wie die Beatles und die Rolling Stones wußten, was es ist. Aber alles, was drumherum entstanden ist wie zum Beispiel Pink Floyd nichts gegen Pink Floyd – aber dieses Übersterilisierte hat das ganze Ding verhunzt. Da gab es keine Bewegung mehr.

ME: Aber gerade hierzulande haben Gruppen mit ihren Schwebeklängen irrsinnigen Zulauf.

Inga: Deutschland ist ein Kapitel für sich. Ich bin auch Deutsche, aber irgendwie hindert es mich nicht daran, nach etwas zu suchen, was es hier nicht gibt; so eine gewisse Vergnügungssucht. Die deutsche Mentalität ist einfach zu gerade. In der Masse gibt es wenige Lebenskünstler und die werden als Landstreicher verschrien. Deswegen traut sich auch niemand, seine Maske abzulegen und einfach so zu sein, wie er will.

ME: Wer regelt denn deine Geschäfte? Managst du dich selbst?

Inga: Ich manage mich selber und zwar zusammen mit meinem Rechtsanwalt. Dave Robinson hat es abgelehnt. Er sagte, er wolle nur kleine Mädchen managen. Ich bin auch schon zu weit und habe zuviel erlebt. Ich meine, das muß auch immer so ein Vater/Kind-Verhältnis sein.

ME: Mit Beginn der großen Deutschrock-Welle hatten sich ja plötzlich reichlich viele Typen berufen gefühlt, als Veranstalter oder Manager das große Geld zu machen. War die Szene zu Frumpy-Zeiten auch schon so kaputt?

Inga: Ich habe noch Stapelweise Schuldscheine bei mir zuhause rumliegen. Aber es hat keinen Sinn mehr, darüber zu reden, weil die Sache gelaufen ist. Das wird sich auch nicht wiederholen. Die deutsche Rockmusik ist kein Underground-Ding mehr, sondern geht immer mehr ins Kommerzielle über.

ME: Deine LP hast du selbst produziert. Findest du für dich die Lösung optimal, oder hättest du gerne jemanden, der dir das abnimmt. Hier gehen die Meinungen sowieso auseinander. Manch einer hat lieber einen Produzenten dabei, weil er glaubt, er selbst sei schon zu betriebsblind.

Inga: Ich weiß genau, wie mein Sound klingen muß. Wenn du ein Lied schreibst – eine rein handwerkliche Sache – dann sitzt du an der Gitarre und dir fällt auf einmal eine Harmonie ein, dann noch eine, dann kommt die Melodie und du findest sofort eine hook line. Dann sofern du. eine Rhythmusmaschine zur Verfügung hast – setzt du dich an das Tonband und nimmst auf. In dem Moment hast du schon eine Idee von dem Song. Wenn du dann ins Studio gehst und merkst, das klingt noch nicht so. wie du es dir vorgestellt hast – dann bist du ja eigentlich schon dein eigener Arrangeur und Produzent.

Und wenn dann einer daherkommt mit big name und so, und der sagt ich hab schon die und die produziert, ich bin der und der (meistens sagen die es ja gar nicht, weil die so arrogant sind, daß sie meinen, daß man ihren Namen wissen muß) und er sagt dann: „Oh nein, dieser Sound!… und die Phrase… und das muß raus!“ und du sagst: „Nein, das geht nicht!“ schon bist du im Clinch mit dem Typen und schmeißt ihn aus dem Studio. Ich hab lange, lange Zeit gebraucht, um meinen letzten Produzenten loszuwerden.

(Inga hat sich unter großen Schwierigkeiten von Dieter Dierks getrennt. Das Thema ist allerdings für sie erledigt, darum auf nach Amerika!)

Inga: Ich werde nach der Tour in die Staaten gehen, um dort einen Schallplattendeal zu machen. Ich hab drüben schon einige Angebote. Wenn die LP gut läuft, gehe ich in den USA auf Tournee.

ME: Willst du in Clubs spielen?

Inga: Nein, in großen-Hallen, das reizt mich am meisten. In Amerika können die Hallen noch so groß sein, die Leute flippen trotzdem total ab. Drüben kommen sie in Cliquen, halten ihre Feuerzeuge hoch und machen sich good time.

Es ist schon schwer, denn du mußt ja auch noch die Leute erreichen, die ganz hinten auf den Rängen sitzen. Tourneen sind überhaupt nicht einfach. Erstmal hast du das Publikum vor dir und dann die Musiker. Es ist unheimlich kompliziert, einen so hautnahen Kontakt zu haben. Die haben ihre Macken und ich habe auch meine Macken. Es ist Streß. Aber eine sehr wichtige Erfahrung, denn Musik machen, das ist ein ganz intimer Austausch von Gefühlen…