Like A Hurricane: Neville Brothers
PHILADELPHIA. Art. Aaron. Charles und Cyril Neville steigen so energiegeladen in den Opener „Fiyo On The Bayou“ ein. als spielten sie daheim in ihrer Stammkneipe „Tipitina’s“ im „Big Easy“ (wie New Orleans unter Einheimischen genannt wird). Das freilich ist gute 2000 Kilometer vom Mann Music Center in Philadelphia entfernt, und easy ist hier nichts. Der verheerendste Hurrikan dieses Jahrhunderts in Amerika.
„Andrew“, tobt gerade mit unvorstellbarer Gewalt durch Louisiana.
In ihrer Heimatstadt New Orleans jedoch werden selbst Beerdigungen mit farbenprächtigen, fröhlichen Paraden gefeiert, und so trotzen die Gebrüder Neville den Naturgewalten im fernen Bayou-Country mit einem prall gefüllten musikalischen Sandsack, vollgestopft mit den besten Neville-Songs: „Yellow Moon“, „Everybody Plays The Fool“ und „Teil It Like It Is“, die von Muskelsoftie Aaron Neville in Samtkehlchen-weicher Eindringlichkeit gesungene Blues-Ballade. Selbst die Songs des leicht enttäuschenden, aktuellen Albums „Family Groove“ funkeln an diesem stickig schwülen Hochsommerabend in der Freiluftarena im bewährten „Neville touch“, jenem Klanggemisch aus afro-karibischen Rhythmen, Jazz, Rock und Rhythm ’n‘ Blues, das sogar die Coverversion von Steve Mülers 76er Hit „Fly Like An Eagle“ in einen neuen, noch nie gehörten Song zu verwandeln scheint.
Das Zugabenpäckchen der „First Family of Funk“, wie die Gebrüder Neville in ihrer Heimatstadt New Orleans gern tituliert werden, zwei Medleys aus „Big Chief/Tambourine“ sowie „Amazing Grace“ und Bob Marleys „One Love“. kehrt dann noch einmal die im typisch synkopierten Beat ihrer Heimatstadt eingewickelte, simple musikalische Botschaft der Neville Brothers hervor: Wir sitzen alle im selben Boot, ganz gleich welcher Hautfarbe oder Rasse wir sind.