Ex-Liquido-Sänger Wolfgang Schrödl im Interview: „Von ‚Narcotic‘ kann ich bis heute leben“
Wir sprachen mit Wolfgang Schrödl Ende Februar, also noch vor Ausbruch der Coronakrise, über reizlose Rockmusik, reizvollen Electro Pop, den weltweiten Erfolg von „Narcotic“ und über eine mögliche Livereunion von Liquido.
Und deine ehemaligen Bandmitglieder?
Zu Tim (Eiermann, Anm.) und Wolle (Maier, Anm.) habe ich abseits von Liquido-Mails wegen Rechtefragen oder anderem keinen Kontakt. So weit ich weiß, hat Tim sich in unserer alten Heimat bei Sinsheim ein Studio eingerichtet. Wolle war damals schon Heil- und Erziehungspfleger, hat ein Studium darauf gesetzt und arbeitet dort, wo wir alle damals unseren Zivildienst leisteten. Musik macht er, glaube ich, nicht mehr. Und Stefan Schulte-Holthaus ist Dozent an der Macromedia-Hochschule in München für Musikmanagement und kreatives Schaffen.
Ihr wurdet bestimmt schon öfter für eine Live-Reunion angefragt, für Auftritte auf 90er -Partys, oder?
Nein! Ist zumindest an meine Ohren noch nie herangetragen worden. Da wundere ich mich selbst , dieses Partys gibt es ja andauernd, wo auch kleinere Acts wie Masterboy auftreten. Ich glaube, wir wurden deshalb noch nie angefragt, weil man mich erstens nicht so leicht findet und ich auch keinen Kontakt zum damaligen Management mehr habe. Und zweitens, weil die Leute wissen, dass wir uns im Unguten trennten. Ich würde es aber eh nicht machen, auch wenn ich mich wirklich wundere, dass keine Anfragen kommen.
Eine Reunion kitzelt dich auch kreativ nicht?
Nein, auf gar keinen Fall. Die Trennung war nötig und absolut gut und ich habe sie nie bereut, ohne schmutzige Wäsche waschen zu wollen.
Ihr werdet vielleicht auch deshalb nicht angefragt, weil ihr nicht so trashig seid wie ein Großteil der Eurodance-Acts, die auf den einschlägigen Partys sonst so auftreten.
Da muss ich selbstkritisch genug sein. Du bist vielleicht jemand, der sich gut auskennt und damals schon unser Demo hörte. Aber wenn man ehrlich ist, wird das Lied durch seine Eigendynamik seit Jahren als Aprés-Ski-Song wahrgenommen. Es gibt auch keine Mallorcaparty ohne „Narcotic“. Ich finde das nicht schlimm und nehme es zur Kenntnis. „Narcotic“ aber war so nie gedacht: Vom Text her geht es um gebrochene Herzen, die Melodie finde ich auch melancholisch. Ja, ein ironischer Trashfaktor kommt durchs Klanggewand, es hat aber eine Melancholie. Fand ich ein paar Jahre lang ein bisschen schade, dass das ganz untergeht. „Narcotic“ wird immer reduziert auf „Und jetzt alle!“ und „Hände in die Höh’“.
Die eingängige „Dödödö“-Keyboard-Hook wird nicht gesungen, kann aber von allen mitgesungen werden, auch bei drei Promille. Und wenn das einmal klappt, hört erst recht keiner mehr auf den Rest des Textes.
Aus dem Grund war es mir auch wichtig, eine reduzierte Akustikversion aufzunehmen. Die steht auf Spotify und hat nicht viele Abrufe. Ich wollte aber auch im Zuge der YouNotUs-Version einen Kontrapunkt setzen. Damit die Leute wissen, dass ich „Narcotic“ immer noch als melancholisches, ernst gemeintes Lied sehe.