Es war der erwartete Test: Wie würde der neue Kritiker-Liebling live auf der Bühne abschneiden? Ist Lloyd Cole vielleicht nur ein Vinyl-Klassiker? Oder besitzt der 23jährige Youngster aus dem Derbyshire-Städtchen Chapel-En-Le-Frith schon genügend Erfahrungen, um seine fein modulierten Songs mit gleichern Niveau auch live zu präsentieren?
Diese Fragen standen im Raum, als Cole & Co. ins Rampenlicht des Hammersmith Palais traten. Bob Dylans Celluloid-Hymne „Pat Garrett“ hatte die braven, zum Teil auf dem Boden kauernden Fans (Jung-Hippies?) sanft eingestimmt. Die richtige Ouvertüre für die Coleschen Popsongs.
Dylan zählt ja – wer weib es mittlerweile nicht – zu seinen prägenden Einflüssen. Cole: „Ich habe mich gezwungen, Bob Dylan zu hören, um rauszubekommen, warum seine Texte so gut sind.“
Für seine Heimarbeit mag der talentierte Newcomer eine befriedigende Antwort gefunden haben. Sein Studio-Debüt RATTLESNAKES hat Format- textlich und musikalisch. Live mangelt es dem künftigen Leinwand-Mimen hingegen an Ausstrahlung. Auf der Bühne agiert der Youngster mit dem Temperament einer Kühlbox; seine Ausstrahlung übertrifft den Charme einer kahlen Kalkfassade. Da kommt fast nichts rüber.
Nichts von dem jedenfalls, was aus den Plattenrillen perlt. Coles Gesangsvortrag ist blaß und verunsichert. Die Konversation mit dem Publikum überläßt er eh Bassist Lawrence Donegan; Cole kreist derweilen verschüchtert ums Mikro wie ein Sextaner bei seinem ersten freien Gedichtvortrag.
Recht zahm und verhalten auch die Instrumentierung der vier Commotions. Da fehlt das Feuer und die Energie, die in den LP-Versionen von „Are You Heartbroken“ oder „Perfect Skin“ stecken. Selbst ein neuer Titel, „Panama Blue“, bleibt auf halber Strecke hängen. Nur bei der Zugabe „Forest Fire“ bricht der Bann. Endlich wird auch der Sound etwas satter.
Leider zu spät. Eine Stunde Lloyd Cole auf Sparflamme – das enttäuschte. Man möchte ihm und sich wünschen, daß er für kommende Auftritte in Deutschland etwas lockerer und temperamentvoller ist.
