Los Lobos
Welch‘ ein erfreulicher Anblick: Konnten die Wölfe aus East-Los Angeles ihre Besucher beim ersten Hamburg-Gig vor gut zwei Jahren noch per Handschlag begrüßen (17! zahlende), so durfte das Quintett diesmal in ein gut gefülltes Markthallenrund blicken. Und. so wage ich zu behaupten — keiner, die/der diesmal den Weg angetreten war, dürfte dies nach der rund zweistündigen Los Lobos-Lektion bereut haben.
Ein unspektakulärer Start: Ansage, die Band schlurft gemütlich auf die Bühne, beginnt mit „Evangeline“ vom WOLF-Album und konventionellem (Gitarren-)Instrumentarium. das auch die nächsten Nummern bestimmen wird. Die Spannung im Auditorium steigt spürbar, als sich David Hidalgo die Quetschkommode umschnallt und ein feuriges „Anselma“ die erste Tex-Mex/Polka-Runde einläutet.
Los Lobos führen ein Zwitterdasein — und dieses fruchtbare Best OfBoih Worlds manifestiert sich auch personell:
Da wäre zum einen Cesar Rosas, der Rock ’n‘ Roll- und R & B-Fanatiker, zuständig für Ansagen und Small-Talk. Kinnbart und Sonnenbrille — klein, rund und cool. Sein Widerpart steht zwei Meter daneben und heißt David Hidalgo, zuständig für instrumenteile „Exotika“ wie Akkordeon und Lap-Steel-Gitarre (wunderbar!) und ein begnadeter Schmalz-Interpret („Tears Of God“, „Matter Of Time“) eher introvertiert, schüchtern. Zusammen harmonieren die beiden prächtig, nicht nur wenn sich ihre Stimmen für die Refrains finden: Selten durfte ich zwei Gitarristen bewundern, die sich so stimmig und präzise die Bälle zuwerfen. Und auch hier wieder verteilte Rollen — Rosas als gelehriger Chuck Berry-Eleve. der seiner Telecaster schaurig-scharfe R & B-Licks entlockt; Hidalgo schwelgt in countrygetönten Melodiefolgen.
Die Band als reine Two-Men-Show vorzustellen, wäre allerdings unverzeihlich. Denn ohne die unermüdlich treibende Rhythmusarbeit von Drummer Louie Perez und Bassist Conrad Lozano käme der Los Lobos-Sound überhaupt nicht zustande, und Saxer Steve Berlin setzt wichtige Solo-Akzente oder sorgt mit mächtigem Bariton für zusätzlichen Schub. Erst wenn diese Rädchen perfekt ineinandergreifen, zu einer in langen Jahren gewachsenen Einheit verschmelzen, liegt tatsächlich so etwas wie „Magie“ in der heißen Hallenluft.
Das geschah allerdings oft genug und entlockte dem begeisterten Publikum ein Stehvermögen, das schließlich für drei Zugaben gut war. Selbst eine rauschende Version von Ritchie Valen’s Klassiker „La Bamba“ tat’s noch nicht: Eine sichtlich glückliche Band erweist als Rausschmeißer Freddie King die Ehre — Blues, tatsächlich, spielen Los Lobos nämlich auch ganz passabel.