Mach dich mal locker


Aber wie macht man das, beim sechsten Album? Nada Surf haben etwas Anlauf genommen und dann einen Weg gefunden: den direktesten.

Keine Frage, ihr 2010 erschienenes, ausschließlich mit Coverversionen bestücktes Album If I Had A Hi-Fi war als eine Verschnaufpause gedacht. Es sollte Nada Surf dazu dienen, ein wenig Abstand zu den eigenen Songs zu bekommen. „Ich wollte nicht irgendwann zurückblicken und feststellen müssen, dass ich die ganze Zeit nur darüber gesungen habe, wie enttäuscht ich von mir selbst bin und wie ich mit diesen depressiven Gefühlen umgehe“, sagt Sänger Matthew Caws.

Ziemlich ergraut, er ist inzwischen 44, will Caws allerdings nichts hören von einer „Midlife-Crisis“: „Das Älterwerden macht mir überhaupt nichts aus. Es bringt sogar Vorteile mit sich. Wenn ich zum Beispiel einkaufen gehe, werde ich mit meinen grauen Haaren viel zuvorkommender behandelt.“ Trotzdem ist der eigene Reifeprozess natürlich ein Thema, mit dem sich der Künstler auseinandersetzt. The Stars Are Indifferent To Astronomy – das sechste Album der Band aus New York, wenn man … Hi-Fi einmal ausklammert – reflektiert gleich auf mehreren Ebenen, was es bedeutet, jung zu sein, aber auch an den Punkt zu gelangen, an dem einen das Erwachsensein unwiderruflich einholt. „Man wird sich als Erwachsener irgendwann der Tatsache bewusst, dass diese unbeschwerte Zeitlosigkeit, die man als Kind verspürt, nicht mehr existiert und einem ständigen Druck weicht“, sagt Caws. Es gibt für eine Gitarrenband wie Nada Surf aber auch einen wunderbar offensichtlichen Weg, Druck nutzbringend abzubauen: Man spielt ihn sich von der Seele. Nada Surf gelingt das auf The Stars Are …, ohne dass sie dazu Jugendlichkeit markieren müssten. Es gelingt ihnen mit „Anstand“, wenn man so will. „Wir waren ja schon immer eine Art Garagen-Band“, sagt Matthew Caws. „Über die Jahre hinweg sind wir aber eben auch zu einer gewissenhaften Studio-Band geworden. Wir wurden dabei sicherlich auch zu einer ernsthafteren Band. Dabei liebe ich es immer noch, laut zu sein und das Tempo anzuziehen.“

Wenn man weiß, wie ihre neue Platte entstanden ist, findet sich darin wohl auch die beste Metapher, um den Sound und das Gefühl zu beschreiben, das dieses Werk ausmacht: The Stars Are Indifferent To Astronomy ist eine direkte Platte, eine ohne Umwege. Und das kommt eben nicht von ungefähr: Das Studio, in dem aufgenommen wurde, lag gleich ums Eck ihres Proberaums. „Wir redeten nicht weiter über musikalische Feinheiten, sondern machten einfach dort weiter, wo wir kurz zuvor im Proberaum aufgehört hatten.“ Matthew Caws weiß, was er diesem kleinen logistischen Umstand zu verdanken hat: „Ich würde es von nun an am liebsten immer so machen.“

Albumkritik S. 91