Mach doch mal den Kopp aus!
Zum 20. Geburtstag ziehen wir mit den Punkrockern durch ihr Berlin. Unsere Titelgeschichte aus der November-Ausgabe des Musikexpress, jetzt in voller Länge online.
Wir erleben ein Auditorium, das sich ununterbrochen zwischen den Aggregatzuständen „wogend“ und „heilloses Durcheinander“ bewegt und wie im Akkord Crowdsurfer zur Security durchreicht. Und eine Band, die sich spätestens ab der zweiten Zugabe in einen ordentlichen Rausch spielt. Nachdem Arnim mit der Drohung „Jetzt nur noch Knaller!“ ein Rodeo aus Covers (The Police, The Undertones, The Damned) und hauseigenen Klassikern der frühen, deutlich temporeicheren Alben eröffnet, muss Thomas am Schlagzeug klar sein, dass sie ihn heute fertig machen werden. Am Ende der vierten Zugabe, einem brachialen Cover von „Sabotage“ der Beastie Boys, bei dem Arnim gleich dreimal mit sattem Anlauf ins Publikum springt, reißen er und Dennis Kern in seiner Rolle als sechstes Livemitglied/ Multiinstrumentalist/Clown ihre Drumsets sicherheitshalber ein, damit keiner auf die Idee kommt, dass sich das hier noch irgendwie steigern ließe.
Arnim erzählt uns später, dass er eigentlich schon irgendwas habe sagen wollen zum Anlass des Abends. Doch dann habe er einige der 50 Flüchtlinge, die zum Konzert eingeladen waren, gesehen, wie sie tanzten, Spaß hatten – und dieses Vorhaben einfach vergessen. Nur zu dieser einen gelungenen Übertreibung hat er sich dann doch hinreißen lassen: „Dresden ist die schönste Stadt Deutschlands!“, rief er den Leuten zu. Es schien, als könnten sie so eine Umarmung hier brauchen. Und dass sie mal für zwei Stunden den Kopp ausschalten, das noch viel mehr. Halt, stopp, es waren zwei Stunden und 40 Minuten – Beatsteaks-Konzertrekord!Am Ende sehen wir den Beatsteaks-Sänger Arnim Balboa, wie er nur mit einem Handtuch bekleidet durch die Tür der Bandgarderobe nach draußen auf den Backstage-Gang marschiert, sein Grinsen der 1000 Zähne grinst und ruft: „Halbzeit vorbei, weiter geht’s – was ist los!?“ Wir sind uns nicht so ganz sicher, was er damit meint: Wollen die Beatsteaks ihr Ding noch mal 20 Jahre lang durchziehen, oder was?
Dieser Text ist als Titelgeschichte in der Musikexpress-Ausgabe 11/2015 erschienen. Dem Heft liegt eine exklusive Beatsteaks-CD bei.