Märchenhafte Möglichkeiten


Mit "Physical Fraction" hatte Trentemøller 2005 einen europaweiten Clubhit. Sein Debütalbum sprengt Genre-Ketten.

Die letzten Töne von the last Resort stehen noch im Raum und wollen nicht recht verklingen. Viel zu sehr hat die Musik der vergangenen 78 Minuten alle Aufmerksamkeit für sich beansprucht, als dass sie in der plötzlichen Stille nicht nachhallen würde. „Das Leben hat so viele Seiten , sagt Anders Trentemøller, der für diesen Rausch der Sinne verantwortlich ist, „und davon will ich erzählen. Es ist schön, dass ich jetzt die Möglichkeit dazu habe.‘ Wie bescheiden; immerhin hat der 33-jährige Produzent letztes Jahr von Kopenhagen aus die Dancefloors des Kontinents im Sturm erobert. Deepe, pulsierende Tracks wie „Physical Fraction“ und „Polar Shift“ schraubten Minimal Techno in den Clubs auf neue Höhen. Hört man Trentemoller reden, scheint das aber kaum mehr als ein Zeitvertreib gewesen zu sein. Sein musikalisches Interesse geht weit über Four-to-the-Floor hinaus. „Ich höre total gerne Musik, von Indierock bis Filmmusik. Nur Techno nicht, den mach‘ ich ja selber.“ Momentan hängt Thom Yorkes Solodebüt THE eraser in der Dauerschleife: „Genau die coole Mischung aus Elektronik und Melodie, die ich mag“, sagt Trentemoller und träumt schüchtern von einem Remix für den großen Meister. Dabei ist Schüchternheit wahrlich nicht angebracht. Mit seinem eigenen Erstling etabliert sich Trentemøller auf Anhieb in der allerersten Liga seiner Zunft. „Das Album ist ein riesiger Egotrip“, sagt er. „Als ich damit angefangen habe, war gerade mit meiner Freundin Schluss, und ich habe viel nachgedacht über mich und das Leben. Diese Gefühle habe ich musikalisch verarbeitet. Das war wie eine Therapie. “ Normalerweise eine höchst private Sache, aber Trentemøller macht sie auf derart spannende, beredte Weise öffentlich, dass man froh ist, mithören zu dürfen, so vielschichtig, verstörend und verspielt erzählt er seine Geschichten – ganz ohne Worte: „Es fällt mir viel leichter, meine Gefühle musikalisch auszudrücken.“ Das zweite Album sei schon in Arbeit, gibt er noch zu Protokoll, ehe er sich mit der Bemerkung „Viele hübsche Frauen da draußen!“ ins Kopenhagener Nachtleben stürzt. „Ich habe mich nämlich gerade wieder von meiner Freundin getrennt.“ Das lässt Großes erwarten.