Mando Diao: Luxus und Anarchie in L.A.
Anlässlich des bevorstehenden #DaheimDabei-Konzerts am 11. Mai 2020 gibt's hier das ME-Interview mit Mando Diao aus dem Jahr 2009 über die Entstehung ihres fünften Albums, das lästige Label-Thema sowie ihre „Mach was du willst“-Mentalität zum Nachlesen.
„Letztlich sind wir immer noch die beste Band der Welt“
„Das jetzt ist der bestmögliche Deal. It’s the good way again“, sagt Björn lakonisch über den neuen Vertrag mit Universal. „Wir konnten uns aussuchen, wo wir unterschreiben wollen. Letztlich sind wir immer noch die beste Band der Welt, die Plattenfirmen mussten sich echt streiten“, kommentiert CJ die Entscheidung für einen weiteren Multikonzern. Bemerkenswert knappe und eindimensionale Reaktionen auf einen Komplex, der die Band schon so viele Nerven kostete. Gustaf sorgt für den nötigen Durchblick:
„Wir sind einfach die beschissensten Businessmenschen der Welt. Wir wollen mit so etwas nichts zu tun haben müssen. Klar, wir hätten das jetzt auch selber veröffentlichen können, aber ich hasse alles, was mit Zahlen und Papier zu tun hat! Ich mache Musik! All diese Indiebands, die jetzt ihre eigenen Labels gründen, die hätten genau so gut Anwälte werden können. Denen gefällt das Business doch! Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn eine Band das macht. Dann hören die zu saufen auf und nüchtern aus.“
Als Vollblutmusiker ist man der Industrie also sowieso hilflos ausgeliefert?
Gustaf: So läuft das Spiel eben. Ich akzeptiere das. Wer ist denn ernsthaft überrascht, wenn er von Donald Trump abgezockt wird? Die Beatles wurden doch auch immer ausgeraubt. Die hätten mit ihren Platten viel mehr verdienen müssen. Die wurden sicherlich mehr bestohlen als wir. In Schweden werden wir ja sogar von einer Gewerkschaft, die sich um Musiker kümmert, geschützt. Natürlich: EMI hat uns richtig gefickt. Aber das ist doch überall so; überall wirst du von großen Firmen gefickt. Allein schon, wenn du dir ’ne Cola kaufst. Das ist eben auch deren Job: Businessleute ficken dich. Aber solange das nicht in unsere Musik reinspielt, ist mir das egal.
EMI behält die Rechte an eurem Backkatalog. Was, wenn die nun ohne Absprache mit euch eine „Best Of Mando Diao“ veröffentlichen?
Gustaf: Das könnten die tatsächlich tun. Aber solange die Fans wissen, dass wir da nicht dahinter stehen, ist das egal. Das wäre wie bei Radiohead: Alle wussten, dass das gegen den Willen der Band geschah.
Samuel: Hauptsache, die klatschen kein hässliches Cover drauf.
Fünf Alben in gut fünf Jahren – habt ihr nicht schon langsam Angst vor einem Overkill?
Björn: Nein, denn wir wachsen mit jedem Album. Wir sind immer etwas Neues. Wenn wir Angst vor etwas hätten, wären wir nicht gut. Ein Künstler zu sein, heißt mutig zu sein.
Mats: Wir wachsen sehr organisch und dabei nie über uns hinaus.
CJ: Außerdem können wir noch gar keine Pause einlegen. Wir haben ja noch so viel vor: Wir wollen noch im Madison Square Garden spielen. Außerdem würde ich gerne mal einen Song in den Berliner Hansa-Studios aufnehmen.
Björn: Es gibt noch so scheißviel, das wir noch nicht gemacht haben: Wir haben noch nie auf einem Boot aufgenommen oder auf einer Insel… oder unter Wasser!
Gustaf: Wir haben nie abgebrochen, haben immer nachgedacht und immer etwas Ordentliches abgeliefert.
Die meisten Bands, die aus dieser Retroszene kommen, haben so um 2001 ein gutes Debüt veröffentlicht. Das Zweite lief dann bei den meisten schon nicht mehr so gut, und das Dritte war häufig kompletter Müll. Ihr hattet noch keine Müllplatte, wobei es immer so wirkt, als könntet ihr HURRICANE BAR nicht ausstehen.
Gustaf: NEVER SEEN … ist – darauf bezogen, was es in mir auslöst – HURRICANE BAR himmelweit überlegen, obwohl HURRICANE BAR bessere Songs hat. Keine Ahnung, wie wir damals in der Lage sein konnten, so gute Songs zu schreiben. Das ist wie bei den Beatles. Ich mag das „Weiße Album“ irrsinnig gerne. Aber A HARD DAY’S NIGHT hat zehnmal bessere Songs. Auf dem „Weißen Album“ sind viele beschissene Lieder: „Piggies“, „Honeypie“, erst recht „Wild Honeypie“, wie heißt das von Ringo noch, „Don’t Pass Me By“, all diese schmalzigen Stücke, aber es hat einfach einen unwiderstehlichen Vibe. Viele Leute haben NEVER SEEN … nicht verstanden, ich habe HURRICANE BAR nicht verstanden – touché!
Zu eurem letzten Album gab es nur sporadisch Konzerte, stattdessen ging Björn allein auf Tournee. Wie war das für euch?
CJ: Wir haben das nie analysiert. So etwas gehört einfach zu unserem Mach-was-du-willst- Konzept. Als er uns von seinen Plänen informierte, habe ich gesagt: „Cool, gut für dich! Ich schaue dann in Spanien oder so mal vorbei.“
Björn: Wenn CJ eine Soloplatte oder eine Kunstausstellung machen möchte, ist das eben auch voll in Ordnung. Gleiches Recht für alle!
CJ: Als Björn auf Tour ging, hatten wir ohnehin alle nicht so viel miteinander zu tun. Jeder hat damals so sein eigenes Ding verfolgt. Das machen wir manchmal eben so. Du musst ja auch ab und an Abstand zu deiner Freundin haben.