Manfred Evert – Bob Marley


Dieses kleine Taschenbuch mit dem grellen, billigen Einband ist sicherlich die letzte Biografie des großen Reggae-Musikers, die vor seinem Tod erschien. So behandelt sie Bob Marley noch nicht als Mythos, sondern hält sich an Fakten und reale Zusammenhänge, hat also weitaus mehr zu bieten als die optische, eher auf Star-Biografie gemünzte Präsentation vermuten läßt.

Manfred Evert stand glücklicherweise noch nicht unter dem Druck, Bob Marley posthum je nach Vorgabe/Auflage eines Verlegers zum Buddy Holly, John Lennon oder Sid Vivious des Reggae münzen zu müssen. Er behandelt Marley nicht als Kultobjekt sondern vielmehr als Figur der Musikgeschichte, die zwar auch Charakter, Herkunft und Anliegen hat, doch hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt ihrer Rolle innerhalb der gesamten Reggae-Musik und damit in der politischen und gesellschaftlichen Lage Jamaikas betrachtet werden muß. Langwierige Spitzfindigkeiten werden erst gar nicht breitgetreten, etwa ob Bob Marley nun wirklich Schweißer gelernt hat, oder ob er nur einen der Slangausdrücke aus Trenchtown für die Lieblingsbeschäftigung der dortigen Rude Boys verwendet hat. Ebenso gleichgültig ist es, ob nun Bob und Rita Marley mit oder ohne Trauschein zusammenleben.

Keineswegs gleichgültig geht Evert jedoch mit der Geschichte des Reggae um; er verfolgt Einflüsse bis zu den Arawak-Indianern (die Ureinwohner Jamaikas) und zu den Ashanti-Negern Westafrikas (Herkunftsstamm der meisten Sklaven Jamaikas). Ausführlich geht er auf die Sozialgeschichte des Sklavenlandes Jamaika ein, besonderes Augenmerk legt er natürlich auf die Ereignisse vor, um und nach Jamaikas Unabhängigkeit 1962 (Bürgerkrieg, Bandenterror, Attentate, Versöhnungsfeier), die die Ausgangslage für den jungen Bob Marley, seine Band The (Wailing) Wailers und all die anderen Reggae-Musiker aus Trenchtown schuf.

So entsteht ein dichtes Netz aus Hintergrundinformationen und musikalischer Faszination. Das Buch läßt sich ausgesprochen flüssig lesen und bietet darüberhinaus selbst dem fortgeschrittenen Leser noch viel Wissenswertes.

Manfred Everts Arbeit über Reggae-Musik und ihren namhaften Vertreter Bob Marley gehört zu den wenigen Büchern, die sich unter ihrem Preis verkaufen. Daher empfehle ich rasches Zugreifen, bevor es in den Grabbelkisten bei Woolworth ein für seine Qualität unrühmliches Ende findet.